PFAHLS-URTEIL: VIELE FRAGEN AN DIE REGIERUNG KOHL BLEIBEN OFFEN
: Der böse Schein der Käuflichkeit

Es hätte der Knüller des Wahlkampfs werden können: Nach mehrjähriger Flucht steht der ehemalige Rüstungsstaatssekretär Holger Pfahls endlich vor Gericht. Wohl einige im rot-grünen Lager hofften auf den großen Show-down, darauf, dass Pfahls auspacken und die Käuflichkeit der Regierung Helmut Kohl doch noch gerichtlich festgestellt würde. Doch dann ist alles ganz anders gekommen. Pfahls wurde nicht wegen Bestechlichkeit verurteilt – und damit ist auch der Vorwurf der Käuflichkeit gegen die Kohl-Regierung vom Tisch.

Tatsächlich hatte das Gericht nach dem Verlauf der Verhandlung keine andere Wahl. Mehrere ehemalige Mitglieder der Regierung Kohl hatten ausgesagt, dass Pfahls gar keinen Einfluss auf die Panzerlieferung nach Saudi-Arabien nehmen konnten, weil sich der Kanzler ohnehin schon dazu entschlossen hatte. Auch in der Sache ist dieser Hergang plausibel. Nach dem irakischen Überfall auf Kuwait wurde von Deutschland ein Zeichen der Solidarität mit den arabischen Nachbarn gefordert, dem sich die damalige Bundesregierung nicht verweigern konnte.

Am Ende blieben von den Vorwürfen nur die der Vorteilsannahme und der Steuerhinterziehung. Ersteres Delikt wird milder bestraft als die Bestechlichkeit, weil der Beamte hier zwar Geld kassiert, dafür aber keine rechtswidrige Amtshandlung erbringt. Es entsteht also nur der „böse Schein der Käuflichkeit“. Auf Vorteilsannahme steht eine Höchststrafe von drei Jahren. Pfahls wurde gestern zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Das ist kein mildes Urteil – vor allem wenn man bedenkt, wie nützlich das Geständnis des Exstaatssekretärs für die Justiz noch in anderen Schmiergeldprozessen sein wird.

Unbefriedigend bleibt aber, dass der Prozess auch nicht ansatzweise aufklären konnte, welche Geldflüsse es außerdem im Umfeld der „Fuchs“-Lieferung gab. Umgerechnet rund 100 Millionen Euro Schmiergeld soll der saudische Staat gezahlt haben, da war die Zahlung an Pfahls nur ein Klacks. Wohin aber ging der Rest? In die Privat-Schatullen saudischer Prinzen? Oder gab es noch andere, bislang unbekannte Empfänger in der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung?

Es bleiben also einige Fragen auf der langen Liste vermutlich schmutziger Geheimnisse der CDU/CSU: Wer füllte die schwarzen Kassen Helmut Kohls? Wohin flossen die „Provisionen“ des Leuna-Lobbyisten Dieter Holzer? Woher stammte das Geld der hessischen Christdemokraten auf den Geheimkonten in Liechtenstein und der Schweiz?

CHRISTIAN RATH