„Es gab keinen Skandal“

Exrüstungsstaatssekretär Holger Pfahls wird zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Bestechlich sei die Regierung damals nicht gewesen, meint der Richter

MÜNCHEN taz ■ Beinahe zwei Stunden dauerte es, bis Richter Maximilian Hofmeister gestern in Augsburg die Puzzleteile im Prozess gegen den ehemaligen Rüstungsstaatssekretär Holger Pfahls zusammengesetzt hatte. Das Urteil: zwei Jahre und drei Monate Haft fürs „Rostige-Räder-Schmieren“ bei Waffenlieferungen und für die Steuerhinterziehung bei den erhaltenen Schmiergeldern.

Zwar habe der Angeklagte ein umfangreiches Geständnis abgelegt und das Gericht glaube, dass Pfahls seine Taten bereue, aber: „Ein Staatsbeamter darf nicht korrupt sein.“ Allerdings erkannte die Strafkammer keine Bestechlichkeit, sondern „nur“ Vorteilsannahme. Der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber habe dem Angeklagten insgesamt 3,8 Millionen Mark gezahlt, um Waffenlieferungen in den Mittleren Osten beschleunigt genehmigen und abwickeln zu lassen. „Eine innere Bereitschaft zu pflichtwidrigem Handeln war nicht zu erkennen“, so das Gericht. Pfahls habe aber Informationen an Schreiber weitergegeben und Verwaltungsabläufe abgekürzt, eben den Regierungsdampfer zum Schnellboot gemacht.

Gerade beim Deal in den Mittleren Osten habe Pfahls keinen Einfluss auf die notwendige Genehmigung gehabt. Es wäre nicht zum erfolgreichen Geschäftsabschluss zwischen Thyssen, Schreiber und den Saudis gekommen, hätte nicht die „höchste Politik“ parallel – aber eben doch allein maßgeblich – über die Lieferung nach Saudi-Arabien entschieden. Das habe vor allem die Zeugenaussage von Exkanzler Helmut Kohl gezeigt. Auch wenn es beim Prozess „allein um Sie, Herr Pfahls“ ging, ließ Richter Hofmeister erkennen, dass er diese Politik nachvollziehen konnte angesichts des damaligen Golfkriegs und der internationalen Verpflichtungen im Rahmen der Wiedervereinigung.

Sein Fazit deswegen: „Der mit leichter Hand erhobene Vorwurf, eine ganze Regierung sei bestechlich, trifft nicht zu. Es gab keinen Skandal!“

Mit dem Urteil gegen Pfahls geht der vierte Prozess im Rahmen der Schreiber-Schmierereien zu Ende. In den letzten Jahren war bereits dem Ex-CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep der Prozess gemacht worden, ebenso zwei hohen Managern des Rüstungskonzerns Thyssen sowie im letzten Jahr Max Strauß. Jetzt fehlt nur noch der Prozess gegen den Strippenzieher Schreiber selbst. An den in Kanada lebenden „Oberprovisionisten und Schreihals“ richtete Hofmeister seinen abschließenden Appell: „Herr Schreiber, stellen Sie sich der Verhandlung!“

Bei Pfahls, der auch lange Jahre auf der Flucht war, hatte eine ähnliche Aufforderung gewirkt. Weil er dann, nachdem er aufgetaucht war, als Erster „die Mauer des Schweigens“ gebrochen hat, darf er wohl gemäß einer Absprache mit dem Gericht bereits Ende August zurück in die Freiheit. Dort wird er sich „bemühen“, wieder Arbeit zu finden, so sein Anwalt Volker Hoffmann. Er persönlich versuche, Pfahls bei anderen Mandaten zu vermitteln – eine definitive Zusage gebe es derzeit aber noch nicht. „Es wird wohl allerdings eine freiberufliche Tätigkeit.“ MAX HÄGLER