wortwechsel
: Atemlos durch die Stadt / bis ein neuer Plan erwacht

Drecksluft atmen will eigentlich niemand. Das scheint Verkehrsminister Scheuer jedoch nicht zu verstehen. Sinnvolle Projekte bleiben derweil auf der Strecke

Saubere Luft, das wäre schön Foto: dpa

„Jetzt doch neue Hardware für Dieselstinker“, taz vom 9. 11. 18

Atemberaubend

Während fast täglich neue Fahrverbote wegen zu hoher gesundheitsgefährdender giftiger Stickoxide in der Atemluft unserer Städte ausgesprochen werden und unser Verkehrsminister versucht, die deutschen Automobilkonzerne für ihre kriminellen Machenschaften zur Verantwortung zu ziehen, ohne dass sie die Verantwortung übernehmen, hat BMW die Zeichen der Zeit erkannt und eine Werbeoffensive gestartet, die verlorenes Vertrauen in seine Autos wiederherstellt und sich durch eine geradezu umwerfende und nicht zu überbietende Glaubwürdigkeit auszeichnet.

So lautet denn der Werbeslogan für den neuen BMW folgerichtig: „Gebaut, um den Atem zu rauben“. Und wir alle, vor allem aber BMW-Fahrer, Kinder, alte Menschen und Asthmatiker,stimmen gemeinsam mit Helene Fischer fröhlich ein: „Atemlos durch die Stadt!“ Helmut Malmes, Stolberg

Luftvergifter

Früher wurden Brunnenvergifter schwerstens bestraft für ihre lebensbedrohlichen Handlungen. Und heute möchte die CDU-Regierung in NRW nicht nur nichts – gar nichts – tun, sondern sogar „im Namen des Volkes“ gegen Gerichtsurteile vor­gehen, die für sauberere Luft sorgen wollen. Statt also endlich entschlossen gegen die modernen Brunnenvergifter vorzugehen – und die Akteure vor Gericht zu stellen und zu bestrafen –, erfolgt ein abstoßender Kotau vor VW und Co.

Schwören die Akteure in gut bezahlten staatlichen Ämtern nicht einen Eid, in dem „Schaden vom Volk abgewendet werden soll“? Wie wäre es denn, wenn die Helferinnen und Helfer der Luftvergifter ebenfalls vor Gericht gestellt und bestraft werden? Das würde dann doch Beine machen. Atmen müssen wir alle, Drecksluft atmen aber will niemand – außer einige in der NRW-Regierung – ein Trauerspiel ohne Ende. Uwe Barkow, Frankfurt a. M.

Umweltbewegung

„Fakten für den Erfolg“, taz vom 7. 11. 18

Wir alle können nur begrüßen, dass es Erfolge in der „Umweltbewegung“ gibt, dass die Presse darüber berichtet, umso mehr! Ein bitterer Beigeschmack bleibt allerdings nach dem Lesen Ihres Artikels, Bernhard Pötter: Gestern habe ich ein Interview auf TreeTV mit Erwin Thoma gesehen. Die Sprache, das ist Ihr Metier, macht’s: Thoma spricht von „Mitwelt“. Sie sprechen von: „muss wieder todernst genommen werden“, „die Politiker müssen von möglichst lautstarken Protest immer wieder daran erinnert werden“. Reicht das?

Die Parteien„demokratie“ hat es nicht geschafft, wird es nie schaffen. Journalismus, als Vierte Gewalt im Staat, muss sich selbst ermächtigen Klartext zu reden. Wenn über die „Verfassung vom Volk“ mit Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild in der Presse mehr informiert werden würde, „könnten wir vielleicht bald den nächsten Erfolg nach dem Vorbild des Ozonlochs feiern“. Besten Dank für Ihre guten Ansätze. Norbert Voß, Berlin

Wir und unsere Mitwelt

„Weltrettung, Teil I geschafft“, Titel, taz vom 7. 11. 18

Es ist sehr verdienstvoll, dass Ihr aus einer kleinen Meldung eine große Aufmachung gemacht habt. Denn das vergessene Thema Ozonloch verdient wahrlich diese Aufmerksamkeit.

Ich schätze Bernd Pötters Texte im Allgemeinen sehr, gerade auch seine Kolumne „Wir retten die Welt“ mit ihrem besonderen Humor. Aber auf Seite 1 der taz vom 7. 11. hat er so schiefe Formulierungen gebraucht, dass ich protestieren muss. Wir Menschen haben weder das Ozonloch „geflickt“ noch „gestopft“ noch eine „erfolgreiche Reparatur“ „geschafft“. Wir haben „nur“ aufgehört die Ozonschicht weiter zu zerstören, sodass sie sich regenerieren kann! Und das ist ein großer Unterschied!

Denn auch bei fast allen anderen Umweltproblemen geht es darum, dass wir endlich aufhören, die Mitwelt zu belasten, zu stören, auszurauben. Denn dann kann und wird sich das System Erde selbst reparieren und „retten“ – was wir gar nicht können! Das ist nicht nur eine Frage der Formulierung, sondern eine des Bewusstseins – weg von unserer Arroganz gegenüber „der Natur“ und hin zu einer korrekten Wahrnehmung unserer Rolle in ihr. Gerhard Breidenstein, Traunstein

„Scheuers Murks“, taz vom 7. 11. 18

Wahnwitz statt Wow

Wenn Verkehrsminister Scheuer es wirklich ernst meinte mit seinem „Wow-Effekt auf der Schiene“, also dem milliardenschweren Ausbau des Schienennetzes mit einem Intergralen Taktfahrplan nach Schweizer Muster, dann bräuchte es zuallererst mal einen Wow-Effekt bei Stuttgart 21 in Form eines schnellen Ausstiegs beziehungsweise Umstiegs, wie ihn die Gegner*innen des Projekts entwickelt haben.

Denn in Stuttgart werden nicht nur die Milliarden vergraben, die für die Verkehrswende dringend gebraucht würden. Dies allein ist „ein Wahnwitz, von dem sich die Bundesregierung schnellstens verabschieden muss“, wie Frau Krüger richtig schreibt. Sondern mit Stuttgart 21 würde auch noch die Zahl der Gleise halbiert und die Kapazität des Bahnhofs um mindestens 30 Prozent reduziert.

Das ist genau das Gegenteil von dem, was ein Integraler Taktfahrplan braucht, nämlich mehr Kapazität. Nicht von ungefähr zählt daher die Monopolregion Stuttgart nicht zu den 29 zusätzlichen Ausbauprojekten in Scheuers Liste.Werner Sauerborn, Stuttgart

Scheuers Kniefall

Von Andreas Scheuer als CSU-Verkehrsminister war nichts anderes zu erwarten. Auch er steht in der Tradition seiner Vorgänger, den Ausbau des Schienenverkehrs hinauszuposaunen, konkret aber alle sinnvollen Projekte am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen. Nur eines muss man ihm lassen: Er macht es noch dreister und offensichtlich allgemeinwohlschädigender.

Konkret: Wer wie er und alle seine Vorgänger Stuttgart 21 ungeprüft weiterbauen lässt, beweist damit nur, wie wenig er von (Schienen-)Verkehr versteht oder wie bereitwillig er den Kniefall vor der Großprojekte-Lobby macht. So bleibt Stuttgart 21 als unerschöpfliche Gelddruckmaschine unangetastet – genauso wie deren fehlender Verkehrsnutzen. Der nämlich wäre auch viel billiger, schneller und sicherer mit „Umstieg21.de“ zu erzielen.Jürgen Merks, Stuttgart

Koste es, was es wolle

Da ist also ein Tunnel zwischen Offenbach-Stadtgrenze bis Frankfurter Hauptbahnhof und weiter nach Frankfurt-Niederrad geplant. Die Baukosten dieses Tunnels dürften bei rund 2,5 Milliarden Euro liegen. Für den Deutschlandtakt ist dieser Tunnel vollkommen überflüssig, denn der Frankfurter Hauptbahnhof besitzt 25 Bahnsteiggleise für Fern- und Regionalzüge (im oberirdischen Kopfbahnhofsteil). Diese Gleiszahl scheint mir mehr als ausreichend zu sein, um bei den vorhandenen neun Zulaufstrecken einen Vollknoten im deutschlandweiten Integralen Taktfahrplan (ITF) zu schaffen. Ebenso stellt der vorhandene Kopfbahnhof für den modernen Eisenbahnbetrieb kein Problem dar.

Was allerdings im und am Frankfurter Hauptbahnhof weitgehend fehlt, sind Überwerfungen, damit Fahrstraßenkreuzungen vermieden werden, denn diese schränken die Kapazität des Bahnhofs stark ein und verursachen ständig Verspätungen.

Der geplante Fernbahntunnel ist also eine extrem aufwändige Lösung für nicht vorhandene Probleme, während das eigentliche Problem nicht gelöst werden soll. Es geht also einzig und allein um das Planen und Bauen von Tunnels, koste es, was es wolle. Durch die Herstellung des Stahlbetons für diesen Tunnel werden im übrigen gigantische Mengen an Treib­hausgas in die Atmosphäre geblasen.Karlheinz Rößler, München