Zauberhaftes Nirgendwo

INDIE-FOLK Für sein aktuelles Album „Nowhere Or Tammensaari“ ist das niederländische Quintett I Am Oak in den finnischen Süden gezogen. Und ist mit zwölf zauberhaft sanftmütigen Songs zurückgekommen

Leicht entrückt wirkt I Am Oak-Mastermind Thijs Kuijken auf den Betrachter: Ein junger Mann mit schlaksigen Bewegungen und Haaren, die man sich nachdenklich aus dem Gesicht streichen kann. Entrückt wirkt auch seine Musik auf den Hörer. Kaum mehr als ein leises Schlagzeug, eine gezupfte Gitarre, wahlweise auch ein Banjo sorgen für einen Sound, den man als minimalistisch bezeichnet könnte. Wie ein schwerer Teppich legt sich die Stimme von Kuijken über diese getragenen Melodien, nur umweht von einem mehrstimmigen Backgroundgesang.

Entrückt wirkt sogar die Geschichte ihres aktuellen Albums mit dem erst mal kryptischen Titel „Nowhere Or Tammensaari“. Nachdem Sänger und Gitarrist Thijs Kuijken zwei Alben und mehrere EPs lang fast nur auf seine eigenen Fähigkeiten vertraut hatte, arbeitete er für das dritte Werk erstmals mit einer gesamten Band zusammen. Standesgemäß ging es für die Aufnahmen nicht einfach in ein Studio in einer Heimat Utrecht.

Die fünfköpfige Band zog zwei Wochen lang in ein Häuschen im Nirgendwo des finnischen Süden – nach Tammensaari eben, was auf Englisch vielleicht nicht ganz zufällig so viel heißt wie: „Island of Oaks“. In dieser limitierten Zeit wurden die zwölf Song arrangiert und aufgenommen. Als zauberhaft, düster-schön und voller utopischer Sanftheit, loben sowohl Fans als auch Kritiker das Ergebnis. Die Intro verortet die Musik gar in einer schöneren Welt als dieser – und nennt das niederländische Quintett in einem Atemzug mit Genre-Größen wie Bon Iver, Iron And Wine oder Beach House.

Trotzdem bekommen I Am Oak hierzulande „noch weit weniger“ Aufmerksamkeit, als ihnen zustehe, bemängelt die deutsche Plattenfirma. Ganz andere Beachtung bekäme man wohl, wenn die Band aus Schweden, England oder den USA käme, so der auffordernde Vorwurf.

Den Besitzern von Jutebeuteln, Hornbrillen und Karo-Flanellhemden scheint die Herkunft von I Am Oak hingegen egal zu sein. Der Auftritt der Musiker auf dem diesjährigen Dockville wurde eifrig beklatscht und die letzte Deutschlandtour war fast restlos ausverkauft. Und wahrscheinlich werden auch heute Abend unzählige traurig-bedächtige Fans mit geschlossenen Augen Songs aus der schöneren Welt mitsingen, wenn die fünf Niederländer mit ihrem Wohnwagen vor dem Molotow Halt machen.  BIRK GRÜLING

■ Do, 4. 10., 20 Uhr, Molotow, Spielbudenplatz 5