wortwechsel
: Die Erde hat kein Thermostat

Was fehlt? Ein Großputz! Ein Denkmal für die Putzfrauen dieser Welt.
Steuerhaft für die Multis. Eis in Grönland … und eine taz-Kinderseite

Denkmal wider Willen Foto: ap

Großputz

„Die mit dem Staub tanzt“,

taz vom 8. 11. 17

Die Unterstützer der Putztätigen haben anlässlich des Tages der Putzfrauen und anlässlich des Großputzes in unserer früheren Königlichen Hauptstadt vor 99 Jahren, unblutige Revolution in München, das Denkmal der Dolchstoßlegende in Neustadt an der Weinstraße einer neuen Verwendung zugeführt. Der Großputz damals war offensichtlich nicht erfolgreich, weil er von Männern durchgeführt und von anderen Männern der Staat wieder in einen Saustall rückverwandelt wurde.

Das Denkmal der enttäuschten Helden garniert mit Erden von den Todesstätten an der Westfront 1914–18 wurde am 8. 11. um 16.33 Uhr in ein Denkmal für die Putzfrauen dieser Welt umgewidmet. Seit 89 Jahren hält der Held den Putzlappen gen Himmel, erfolglos. Deshalb:

Uneingeschränkter Mindestlohn und bedingungslose Altersgrundsicherung für alle Putztätigen werden ab heute die Forderungen sein, die mit diesem Denkmal propagiert werden müssen.

Es lebe der Großputz allerorten.

Hans Raab, Neustadt an der Weinstraße

Steuerflucht

„Laufschuhe: 130,00 Steuern: 17,60“,

taz vom 7. 11. 17

Der arme Verbraucher:

Bevor er von einem Unternehmen kauft, muss er

1) die Unternehmensbilanz auf mögliche Steuertricks prüfen,

2) die Arbeitsbedingungen im Unternehmen analysieren

3) die vom Unternehmen verursachten Umweltschäden zusammenzählen.

So werden wir das Problem nicht lösen. Was fehlt, sind:

1) Wille. Als die EU-Kommission Irland aufforderte, Apple ordentlich zu besteuern, war das bayerische Finanzministerium dagegen.

2) Konsequenz. Wenn ein multinationales Unternehmen in Deutschland hunderte Millionen Umsatz macht, in der weltweiten Bilanz fette Gewinne ausweist und trotzdem in Deutschland Verluste zusammenrechnet, müssen die deutschen Behörden bereit sein, „Nein!“ zu sagen. Auch wenn die EU-Partner schimpfen.

3) Solidarität. Die EU ist leider nur als gemeinsamer Handelsraum angelegt. Ohne gemeinsame Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik.

Solange die EU-Mitglieder nicht solidarisch agieren, werden wir alle Jahre wieder unsere zwei Wochen Aufregung haben, bevor alles wieder im Hintergrund weitergeht.

4) Ehrlichkeit. Inzwischen hat das Propagandafeuer interessierter Kreise die Gleichung „Steuer = Teufelswerk“ in den Köpfen der Bürger verankert. Nachrichten über Prominente, die ihr Vermögen „schützen“, rufen wenig Empörung hervor. Die Kirchen in Madrid sind voll von Kerzen, die um Schonung für Ronaldo bitten. Wenn aber Steuererhöhungen auf dem Index stehen, bleiben nur Ausgaben­kürzungen oder neue Schulden zur Finanzierung von Investitionen.

Thomas Damrau, Böblingen

Denkflucht

„Die Spritschlucker“,

taz vom 7. 11. 17

Aus unser aller täglichen Erfahrungen ist es doch hinlänglich bekannt, dass bei dem Bewegungsverhalten der meisten Deutschen der Sprit-Verbrauch und die Hubraumgröße des eigenen Autos (zumeist und immer mehr SUVs) keine wesentliche Rolle spielt, auch und gerade nicht für die täglichen Kurzdistanzen zum Einkaufen, Arbeitsplatz oder die gefährlichen 850 Meter zum Klavierunterricht der Kinder. Das Autowärmen beim Eiskratzen und, und, und …

Immer noch scheint der einfache Gedankengang, was habe ich selbst vielleicht mit dem Klimawandel, mit Stickoxiden, CO2, Lärm- und Verkehrsbelastung zu tun, zu abstrakt zu sein. Alles spielt sich global und weltumspannend ab, irgendwo steigen die Meeresspiegel, schmelzen Eisberge, auf Weltklimakonferenzen hat man doch wesentliche Pläne beschlossen! Aber ich? Was habe ich damit zu tun? Diese Frage wird zu selten gestellt, und solange nicht jeder anfängt, sich über sein eigenes Verhalten Gedanken zu machen, halte ich alle Versuche und Ansätze der Politik, das Weltklima doch noch möglicherweise zu retten, für völlig sinnlos.

Jörg Zimmerman, Oldenburg

Erde abstellen?

„Fundi und Realo“,

taz vom 8. 11. 17

Kann es sein, dass die Verfolgung des hehren Ziels „Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 bis max. 2 Grad“ an dem Irrglauben krankt, das vielgestaltige und multifaktorielle Klimageschehen unseres Planeten ließe sich wie ein Heizkörper- Thermostat, wahlweise via App, „einstellen“? Eigentlich müsste doch auch dem letzten westlich sozialisierten Erdling mittlerweile klar geworden sein, dass nicht nur Kohle oder Pkw, nein, sein ganzes So-Sein, seine Existenz auf Kosten Anderer wie zum Beispiel TextilarbeiterInnen, HandyzusammenbauerInnen, Putzfrauen, prekär beschäftigten JournalistInnen etc. gründet.

Wir alle, unsere komplette „christlich-abendländische“ Kultur, unser Exportweltmeistertum, unsere vermeintlich „aufgeklärte“ Gesellschaft hat seit der Industriellen Revolution nichts anderes im Sinn als „Wachse oder weiche“ und pflegt zudem einen geharnischten Sozial und Ökonomie-Darwinismus der letztlich dazu führt, dass wir uns – warm, satt und mehr oder weniger auskömmlich versorgt – in aller Ruhe um Christian Lindner sorgen dürfen.

Gibt es irgendwas, das er dazu beigetragen hat, die Folgen des von ihm propagierten Neoliberalismus zu mildern? Was soll daran „smart“ sein? Nix!

Thomas Schwarz, Riegelsberg

Immer schneller

„Kiribati, die Inseln der Albträume“, taz vom 3. 11. 17

„Immer Meer“, taz vom 4. 11. 17

Vielen Dank für die beiden sehr interessanten Artikel von Urs Wälterlin und Bernhard Pötter! Hoffentlich werden sie von vielen Menschen gelesen.

Gerade habe ich selbst Besuchern am Illuissat Eisfjord, Grönland, die erschreckenden Auswirkungen des Klimawandels in einer Installation vor Augen geführt. In der Installation Climate Refugees waren 14 Tage lang auf einem Berg neben dem Ilulissat Eisfjord Straßengrundrisse von Städten zu sehen, die von der Erhöhung des Meeresspiegels stark bedroht sind.

Das Inlandeis hat eine Stärke von drei Kilometern und wird zu den Eisfjorden an der Küste gedrückt. Der Sermeq-Kujalleq-Gletscher ist der am schnellsten schmelzende Gletscher der Nordhalbkugel. Durch die höheren Temperaturen dringt mehr Schmelzwasser unter die Eisströme und beschleunigt wie ein Gleitmittel ihre Bewegung: nach der Zeitschrift The Cryo­shere sind es 46 Meter pro Tag – nach World of Greenland sollen es heute sogar schon 50 Meter sein, mit denen sich die Eismassen in den tiefen Eisfjord schieben. Von Jahr zu Jahr schmilzt das Eis schneller. Grönland als Ganzes verliert zurzeit etwa 360 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr.

Nach Aussagen des neusten Berichtes des Weltklimarates wird der Meeresspiegel sogar noch schneller steigen als bisher befürchtet. Hans Präffcke, Aachen

Für die Zukunft

Es fehlt: Eine Kinderseite

Liebe taz-Redaktion, ich bin sehr zufriedener taz-Leser und würde gerne meine Kinder (9 und 6 Jahre) auch ans taz-Lesen führen. Meine Ältere liest sehr gerne und hat die Zeitung (gerne die Wochenend-Ausgabe) auch schon manchmal in die Hand genommen und durchgeblättert. Leider fällt es ihr noch schwer, sich auf die „langen und komplizierten“ Texte einzulassen. Eine Kinderseite wäre ganz toll, um junge Menschen an die Zeitungslektüre heranzuführen.

Ich fände es schade, wenn meine Kinder die taz wegen des fehlenden Kinderangebots aus den Augen verlieren würden.

Matthias Müller, Hamburg