Abgabe auf Flugtickets kommt ab 2006

Initiative mehrerer Staaten beim Millenniumsgipfel. Chile erhebt ab Januar zwei Dollar pro Ticket

NEW YORK taz ■ Die Gruppe der Länder, die mit einer Abgabe auf Flugtickets Entwicklungspolitik finanzieren wollen, wächst. Beim UN-Millenniumsgipfel in New York präsentierten am Mittwoch Deutschland, Frankreich, Spanien, Brasilien und Chile einen entsprechenden Plan. Der chilenische Präsident Ricardo Lagos kündigte an, sein Land wolle ab 1. Januar 2006 bei jedem Auslandsflug eine Gebühr von zwei Dollar pro Flugschein erheben.

„Innovative Finanzierungsinstrumente müssen eine Rolle spielen“, sagte Bernd Mützelburg, außenpolitischer Berater im Kanzleramt. Mützelburg vertrat Gerhard Schröder, der wegen des Wahlkampfes nicht nach New York reisen wollte. Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, nahm an der Präsentation nicht teil. Wenige Tage vor Ende des Wahlkampfes will die rot-grüne Bundesregierung die leichte Verteuerung von Flugtickets nicht in den Mittelpunkt stellen.

Die fünf Regierungen wollen das durch die Ticketabgabe erwirtschaftete Geld unter anderem zur Hungerbekämpfung in Afrika, Asien und Lateinamerika ausgeben. Sie orientieren sich dabei an dem Programm „Fome Zero“, das der brasilianische Präsident Luis Inácio „Lula“ da Silva aufgelegt hat, um die Ernährungssituation zu verbessern. Frankreichs Premier Dominique de Villepin sagte, er wolle die zusätzlichen Mittel vor allem in den Kampf gegen Malaria, Aids und Tuberkulose investieren. Frankreich und Großbritannien haben bereits angekündigt, dass die Abgabe 2006 erhoben wird. Es sei ein Gebot von „Solidarität und Gerechtigkeit“, die Hilfe des reichen Nordens für den armen Süden zu steigern, um die UN-Millenniumsziele zu verwirklichen, sagte Villepin. Der Plan sieht die Halbierung extremer Armut bis 2015, ihre Beseitigung bis 2025 vor.

In der Europäischen Union würde eine Abgabe von zwei Euro pro Ticket gut eine Milliarde Euro erbringen – wenn alle Länder mitmachen. Die EU hat ihren Mitgliedern die Entscheidung jedoch freigestellt. Resultat: Nur wenige Regierungen mögen die Flugreisenden belasten, auch Berlin nicht. Geht es nach dem brasilianischen Präsidenten Lula, ist die Initiative freilich erst der Anfang: „Wir brauchen einen internationalen Entwicklungsfonds.“ So etwas schwebt auch dem britischen Premierminister Tony Blair vor. Um schnell zusätzliches Geld bereitstellen zu können, sollen die reichen Staaten nach Blairs Willen eine Anleihe am Kapitalmarkt aufnehmen. Ein Beschluss des Gipfels über diesen und andere Finanzierungsvorschläge ist jedoch an der Blockade der USA gescheitert. In der Abschlusserklärung des Millenniumsgipfels, die morgen verabschiedet werden soll, ist zwar von „innovativen Finanzinstrumenten“ die Rede. Eine Verpflichtung, neue Geldquellen zu erschließen, hat die Generalversammlung jedoch nicht beschlossen. Die einzelnen Staaten können aktiv werden – oder es lassen. HANNES KOCH