Asien hat sich verändert

DIE TOUR Japan, China, Korea wollen gleichberechtigte Partner der USA sein. China spielt eine Schlüsselrolle

Das Reich der Mitte ist dabei, in der Region die Führungsrolle zu übernehmen

AUS WASHINGTON ANTJE PASSENHEIM

Der Berg ruft. So ähnlich hat es US-Präsident Barack Obama vor seinem achttägigen Asien-Trip formuliert. „Ein riskanter Bergpfad wird durch häufiges Begehen schnell zu einem passablen Wanderweg“, philosophierte Obama. Er weiß, wovon er spricht, denn die Reise nach Asien wird kein Spaziergang für ihn. Während die Vormachtstellung der USA dort kontinuierlich sinkt, wachsen Macht und Selbstbewusstsein der asiatischen Länder rasend schnell.

Dass er, der selbst einen Teil seiner Kindheit in Indonesien verbracht hat, in ein anderes Asien reist als seine Vorgänger, wird der US-Präsident schon auf seiner ersten Station in Tokio zu spüren bekommen. Japan habe sich verändert, gestand Obamas Asien-Spezialist im Weißen Haus, Geoffrey Bader, im Vorfeld der Reise. Vorbei die Zeiten, in denen die USA dort die Rolle des großen Bruders spielen konnten. „Die Außenpolitiker der Demokratischen Partei fordern eine gleichberechtigte Partnerschaft mit uns“, sagte Bader in einem CNN-Interview.

Speziell ein Streitpunkt könnte Schwierigkeiten bereiten: die US-Armeebasis Futenma auf der Insel Okinawa, wichtige Versorgungsstation im Indischen Ozean für die Afghanistantruppen. Die dort stationierten 25.000 US-Soldaten sind der einheimischen Bevölkerung ein Dorn im Auge: Lärmbelästigung, Schmutz, Zwischenfälle. Es gab einen Kompromiss: Die USA versprachen, ein Drittel ihrer Soldaten auf das Pazifikeiland Guam zu verlegen und den Rest ins Hinterland von Okinawa. Doch die Japaner demonstrierten „Amis raus“. Und der neue Ministerpräsident Yukio Hatoyama erklärte den Deal mit seiner Vorgängerregierung für hinfällig.

Harte Nüsse muss Obama auch in China knacken, das er nach einem Zwischenstopp in Singapur ansteuert. Das Reich der Mitte ist dabei, in der Region die Führungsrolle zu übernehmen, und hat noch dazu viel Macht über Amerika. Peking besitzt über eine halbe Billion Euro an US-Staatsanleihen und ist damit größter Gläubiger des hochverschuldeten Staates. Zudem stellt die Volksrepublik seit geraumer Zeit den US-Dollar als weltweite Leitwährung infrage.

Neben der Wirtschaftskrise muss Obama in Peking aber vor allem das Klima ansprechen. Die Weltgemeinschaft erwartet nächsten Monat zum Gipfel in Kopenhagen klare Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgase. Und schließlich der Iran: Obama wird Staatschef Hu Jintao davon zu überzeugen suchen, dass Strafmaßnahmen im Zweifel die einzige Alternative zum Krieg mit Teheran sind. China hat mehrfach signalisiert, dass es gegen Sanktionen ist – und hat daran wirtschaftlich auch kein Interesse. „Bei keinem dieser Themen können wir ohne China erfolgreich sein“, weiß Bader. Und das gilt auch für Nordkorea, dessen Atomprogramm zum Ende der Reise im südkoreanischen Seoul zur Sprache kommen soll.

Beim Thema Menschenrechte haben die USA mit der Obama-Regierung einen neuen Kurs eingeschlagen: „Strategie der strategischen Beschwichtigung“, heißt er. Im Klartext: Menschenrechtsfragen sind keine Bedingung für Dialog. Kritiker, die moniert haben, dass Obama im Oktober mit Rücksicht auf Peking den Dalai Lama nicht empfangen hat, sind neugierig, ob der Präsident in Peking nun die Tibet-Frage anspricht. Der hat schon vor längerer Zeit gesagt, dass er die Menschenrechte in China nicht mit erhobenem Zeigefinger einklagen möchte. Das Vorbild USA solle es vielmehr sein, das etwas in China bewegt.