heute in Bremen
: „Einer, der dialektisch denkt“

GedenkEn Zum 100. Geburtstag von Peter Weiss organisiert eine Initiative eine Fahrradexkursion

Konrad Zaiss

Foto: privat

67, ehemaliger Lehrbeauftragter der Uni Bremen. Infos zum Programm über zaiss@uni-bremen.de.

taz: Herr Zaiss, wie hat sich die Bremer Peter-Weiß-Initiative gegründet?

Konrad Zaiss: Am 8. November ist der 100. Geburtstag von Peter Weiss und wir wollten, dass dieser Anlass nicht ignoriert wird. Deshalb haben wir die Initiative vor rund einem Jahr gegründet. Die Gruppe besteht aus Leuten, die politisch aktiv sind – aber nicht parteipolitisch. Kritische Beobachtungen sind uns sympathisch.

Im September haben bereits zwei Veranstaltungen stattgefunden. Wie lief das?

Sie waren ausverkauft. Bei der Vorführung von Weiss’Experimentalfilmen im City-46-Kino mussten Besucher vor der Tür bleiben.

Was interessiert die Leute heute noch an dem Autor und Künstler?

Dass er in vielen Punkten immer noch aktuell ist. Weiss hat sich neben der Beschäftigung mit der NS-Zeit im letzten Drittel seines Lebens kritisch mit BRD, DDR und Kolonialismus auseinandergesetzt. Wenn die Deutsche Bank Tausende Quadratkilometer in Afrika aufkauft, ist das ein Skandal, der in den Medien nur am Rande auftaucht. Weiss ist an solchen Themen dran geblieben. Und er ist ein Mensch, der dialektisch denkt und nicht in Schwarz und Weiß, was man heute gut gebrauchen kann. Bei den Veranstaltungen kommen natürlich viele, die Kontakt zur 68er-Bewegung hatten. Aber auch junge Leute.

Peter Weiss erhielt 1982 den Bremer Literaturpreis. Bei der Verleihung bezeichnete er sich als „verlorenen Sohn Bremens“. Dabei zog die Familie aus Schwachhausen weg, als er erst 12 Jahre alt war. Was verbindet ihn mit Bremen?

In seinen Notizbüchern hat er geschrieben, dass die Grundlage von allem, was er in seinen Werken geschaffen hat, in seiner Kindheit liegt. Und bei seiner Literaturpreisrede hat er gesagt, dass er die Rhythmen, die er in seinen Werken immer wieder gesucht und gefunden hat, seiner Kindheit zu verdanken hat. So hat er in seinen Gedichten eine Mischung mit Plattdeutsch verwendet.

Sie organisieren eine Fahrrad-exkursion auf den Spuren von Weiss. Welche Orte werden sie besuchen?

Der Start ist in der Grünenstraße, dem ersten Wohnort der Familie, die er immer in seinen Werken erwähnt. Das dortige Übergangswohnheim für Flüchtlinge wird in Peter-Weiss-Haus unbenannt werden. Dann geht es zum zweiten Wohnort in der Markusallee 45 und in die Bergstraße 10, wo er in die Volksschule ging. Zurück fahren wir über das Hermann-Böse-Gymnasium. Nicht besuchen werden wir die Peter-Weiss-Straße in der Neustadt.

Wieso nicht?

Weil die völlig deplatziert ist. Mit der Ecke hatte er nie etwas zu tun. Interview: EN

14.30 Uhr, Fahrradexkursion mit Texten, ab Grünenstraße 23