Mehr Zeit für Kinder –
für Mütter und Väter

FAMILIEN300 Euro Familiengeld sollen Eltern erhalten, die zugleich in Teilzeit arbeiten

SPD-Ministerin Manuela Schwesig hat Pläne Foto: Hannibal Hanschke/reuters

BERLIN taz | Mehr Zeit für die Kinder – aber für beide Eltern, das ist die Idee des Familiengeldes, die Familienministerin Manuela Schwesig am Montag in Berlin vorgestellt hat.

Das Modell sieht vor, dass Eltern im Anschluss an die Elternzeit beide wieder berufstätig werden, und zwar jeweils in der sogenannten großen Teilzeit, nämlich zwischen 28 und 36 Stunden pro Woche. Dann bliebe ihnen etwa genug Zeit, um abwechselnd die Kinder abzuholen. Die Familien bekämen pro Kind eine Kompensation von 300 Euro pro Monat.

Damit will Schwesig beide Eltern ermutigen, zu gleichen Teilen für Kinder und Beruf da zu sein. Bisher lebt der Großteil der jungen Familien im Modell Vollzeit/Teilzeit, was sich ungünstig auf die Einkommen und Renten der Teilzeit-Arbeitenden, oftmals ist das die Frau, auswirkt.

„Junge Väter wollen mehr als für den Gutenachtkuss da sein“, betonte Schwesig. Auch sei es jungen Paaren wichtig, dass beide ökonomisch auf eigenen Füßen stehen könnten. Nur 28 Prozent der Mütter kleiner Kinder könnten ihre Existenz im Moment selbst erwirtschaften, gegenüber 83 Prozent der Väter.

60 Prozent der Eltern kleiner Kinder wünschten ein egalitäres Modell der Kinderbetreuung, aber nur ein kleiner Teil könne dies verwirklichen, so Schwesig. Das Familiengeld soll es für 24 Monate geben, auch Selbstständige und Alleinerziehende sowie getrennte Eltern können es erhalten. Die Kosten beziffert das Ministerium auf etwa 1 Milliarde Euro, wenn zu Beginn etwa 20 Prozent der berechtigten Eltern das Familiengeld beantragen würden.

Familienverbände begrüßten das Modell. Doch der Koalitionspartner sowie die Opposition sehen es kritisch. Die Grünen im Bundestag halten die Pläne für eine Scheinlösung. „Schwesigs Vorschlag ist ein enges Korsett. Das klappt vielleicht im öffentlichen Dienst, ist ansonsten aber unpraktikabel“, sagte die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik der Grünen-Fraktion, Franziska Brantner. Somit würden kaum Eltern erreicht.

Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der Union im Bundestag, sagte der taz: „Wir möchten, dass Familien möglichst frei und ohne restriktive Vorgaben unterstützt werden. Die SPD schlägt nun keine Herdprämie vor, sondern eine Arbeitsprämie.“ Eltern müssten entscheiden können, auch mit weniger als 28 Stunden in Teilzeit zu arbeiten. Das Modell sei populistisch und markiere den Beginn des Bundestagswahlkampfes, denn in dieser Legislaturperiode werde es nicht mehr verabschiedet.

Doch Ministerin Schwesig meint dazu: „Ich möchte den Eltern nach der Einführung des Elterngeldes und des Elterngeldes Plus eine Ausschau bieten, wo die Reise hingehen könnte.“ Das Konzept werde auf dem Zukunftskongress der SPD im September debattiert und hoffentlich Eingang in das Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017 finden.

Das ist keine Herdprämie, sondern eine Arbeitsprämie“

Marcus Weinberg,CDU

Bisher können Familien ihr Elterngeld in den ersten eineinhalb Jahren des Kindes zu einem „Elterngeld plus“ um mehrere Monate verlängern, wenn sie bereits wieder in den Beruf einsteigen. Das Familiengeld würde an dieses Modell anschließen.Heide Oestreich

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