Terror

Erneut fordert ein Anschlag in der Türkei viele Tote. Die Täter
handelten diesmal mutmaßlich wieder im Auftrag des IS

Atatürk-Flughafen
: Das Drehkreuz am Bosporus

Der Istanbuler Atatürk-Flughafen wurde bereits 1912 eröffnet, damals noch unter dem Namen „Yeşilköy“ nach einem nahe liegenden Vorort der Stadt. Noch in den 1980er Jahren war der dann bereits nach dem türkischen Staatsgründer Atatürk benannte Flughafen kaum mehr als eine bessere Mehrzweckhalle, die überwiegend von Militär genutzt wurde.

Erst in den 90er Jahren wurde das Internationale Terminal gebaut, an dem nun der Anschlag stattfand. Nach der Jahrtausendwende schrieb der Flughafen eine große Erfolgsgeschichte.

Der Flugverkehr ist mittlerweile eine der wichtigsten Wachstumsbranchen der Türkei. Hatte der Atatürk-Flughafen 2010 noch 32 Millionen Passagiere, so verdoppelte sich deren Zahl in nur fünf Jahren auf knapp 62 Millionen. Parallel dazu entwickelte sich die türkische staatliche Airline Turkish Airlines zu einer der weltweit führenden Fluglinien. Sie hat sich mittlerweile durch massive Werbung und aggressives Sponsoring – so auch bei der laufenden EM – einen Namen gemacht. Dahinter steckt aber auch echtes Wachstum: Keine andere Airline weltweit fliegt so viele Ziele an wie Turkish Airlines, die ihren Hauptstandort, den Atatürk-Flughafen, zu einem der wichtigsten Drehkreuze zwischen Europa, Asien und Afrika gemacht hat.

Und diese Erfolgsgeschichte soll weiter ausgebaut werden. Da der Atatürk-Flughafen längst überlastet ist, baut die türkische Regierung 60 Kilometer entfernt direkt am Schwarzen Meer einen neuen Flughafen, der zu den größten der Welt gehören soll. Er soll bereits 2018 in Betrieb gehen, zunächst mit einer Kapazität für 90 Millionen, später mit bis zu 150 Millionen Passagieren pro Jahr. Dieser ökologisch sehr umstrittene Neubau wird mit aller Macht vorangetrieben und könnte tatsächlich in dieser Frist in Betrieb gehen.

Auch um diese Zukunftsperspektiven nicht zu gefährden, wird nun alles getan, um den Terroranschlag am Atatürk-Flughafen herunterzuspie­len. Unmittelbar abhängig vom Flugverkehr ist natürlich auch der Tourismus in der Türkei. Schon jetzt sind die Strände des Landes leer, und Istanbul ist die Stadt mit dem stärksten Einbruch im Tourismus in ganz Europa. Der Anschlag von Dienstagnacht droht dem Wachstum des Flugverkehrs erheblich zu schaden. Er wird dem Tourismus mindestens für dieses Jahr den Todesstoß versetzen und damit Hunderttausende Menschen um Job und Einkommen bringen.

Jürgen Gottschlich