Adéu, Pep Guardiola!

Der katalanische Startrainer verlässt den FC Bayern mit gemischter Bilanz: Dauerdominanz in Deutschland, Dauerscheitern in Europa

Jetzt kommt der Spielerversteher

Bescheiden, bodenständig und bisher höchst erfolgreich: Warum sich beim FC Bayern München viele auf den neuen Trainer Carlo Ancelotti freuen

Carlo Ancelotti Foto: F.: reuters

BERLIN taz „Unaufgeregte Führung“, so könnte man frei den Titel von Carlo Ancelottis gerade erscheinendem Buch („Quiet Leadership“) übersetzen. Nach drei Jahren rigider Kontrollherrschaft unter Pep Guardiola dürfte dieses neue Werk des künftigen Trainers des FC Bayern wie ein honigsüßes Versprechen auf die Spieler in München wirken. Als sie am Samstagabend im Berliner Olympiastadion den Spanier zum Abschied nach Kräften hochleben ließen, stärkte viele gewiss auch ein Gefühl der Erleichterung.

Während in der Ära Guardiola immer die Frage vordergründig war, inwieweit die Spieler das System des Trainers verstehen und umsetzen können, gilt der Italiener Ancelotti als großer Spielerversteher. Er kann Stars in eine Mannschaft einbinden. Selbst Egomanen wie Zlatan Ibrahimovic oder Ronaldo sprechen nur mit größter Hochachtung von ihm.

Ancelotti ist einer, der dank seiner Fähigkeit zum Perspektivwechsel sich eine große Problemlösungskompetenz angeeignet hat. Sein Trainer Arrigo Sacchi sagte einst über ihn als Spieler: „Er war auf dem Platz der ideale Trainer.“ Dreimal gewann Ancelotti als Coach die Champions League – so oft wie keiner seiner Kollegen. Und nationale Meistertitel feierte er überall, ob er nun in Italien, Spanien, Frankreich oder England arbeitete.

Ein großes Gewese um seine Erfolge hat der 56-jährige Bauernsohn aus der norditalienischen Provinz nie gemacht. Bei seinem letzten großen Triumph, dem Champions-League-Sieg mit Real Madrid vor zwei Jahren, drehte sich selbst nach dem Spiel alles um den unterlegenen Herausforderer – Atlético-Coach Diego Simeone. Ancelotti hat ihm gern die Bühne überlassen. Er ist keine Rampensau, sondern ein Freund der Diskretion. „Gentle­man“ nannte man ihn in der spanischen Hauptstadt.

„Ancelotti ist immer die richtige Wahl“, hat einst der italienische Nationalspieler Andrea Pirlo gesagt, der mehrere Jahre mit ihm beim AC Mailand zusammenarbeitete. Auf Nummer sicher wollte man wohl auch beim strukturkonservativen Klub aus Bayern gehen, als man sich für den Grand Seigneur aus Italien entschied. Mit Guardiola hat sich der Klub drei Jahre auf einen Mann eingelassen, der den Verein und die Mannschaft radikal nach seinem Angesicht formen wollte. Der Schatten, den dieser Mann warf, war den Machtmenschen wie Karl-Heinz Rummenigge oder Matthias Sammer ohnehin zu lang geworden. Neben Ancelotti gibt es immer viel Platz an der Sonne. Und darauf freuen sich sehr viele beim FC Bayern München. Johannes Kopp