Aus grün wird langsam schwarz

Parteiwechsel Der bei den Grünen ausgetretene Bürgerschaftsabgeordnete Turhal Özdal will zur Opposition wechseln. Die Grünen ziehen daraus ihre Konsequenz

Ein Sonnenblumenfeld welkt. Irgendwann ist es schwarz  Foto: Archiv

von Anna Gröhn

Der Bremerhavener Grünen-Aussteiger Turhal Özdal hat Kontakt mit der CDU aufgenommen. Nachdem er am Montag seinen Austritt aus der Grünen Bürgerschaftsfraktion erklärt hatte, hat er am Dienstag laut dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Thomas Röwekamp „ernsthaftes Interesse“ an dessen Partei bekundet. Damit schmilzt die rot-grüne Koalition in Bremen ab.

Ein Aufnahmeantrag liege aber noch nicht vor, so Röwekamp. Zudem würden die Christdemokraten vorerst prüfen wollen, ob der Bürgerschaftsabgeordnete mit den Leitlinien der Partei übereinstimme. So müsse Özdal mit der Begrenzung von Zuwanderung, der Finanzpolitik sowie der Innenpolitik, wie etwa der Bekämpfung von Kriminalität in Bremen, konform gehen. „Er sollte also nicht unbedingt für die Politik von Angela Merkel sein“, so der Oppositionsführer.

Mit abweichenden Ansichten in der Flüchtlingspolitik hatte Özdal seinen Austritt bei den Grünen begründet. Er störte sich beispielsweise an einer Aussage der Grünen-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt: Es liege in der Verantwortung Deutschlands, alle Flüchtlinge aufzunehmen. Auch bei den Plenardebatten hatten Özdals Querschüsse für Aufsehen gesorgt. So hatte er überraschend auch auf einen Beitrag der Linken-Abgeordneten Sofia Leonidakis reagiert. Nachdem sie die Menschenrechtslage in der Türkei problematisiert hatte, die sich vor allem auf Flüchtlinge auswirke, wies Özdal dies brüsk zurück. „Es gibt in der Türkei keine Menschenrechtsverletzungen“, sagte er. Eine Aussage, die insbesondere bei seinen Parteimitgliedern für Verwunderung sorgte.

Özdals Austritt habe die Partei überraschend getroffen, sagt Maike Schaefer, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Dieser habe die Medien noch vor der Fraktion über seine Entscheidung informiert. Auch die Austrittserklärung formulierte Özdal ohne jede Rücksprache. Die „Querelen“ im Bremerhavener Kreisverband hätten ihn veranlasst, die Partei zu verlassen.

Tatsächlich waren Bremerhavens Grüne in den vergangenen Jahren von innerparteilichen Differenzen geprägt. Özdal habe sein Leiden daran jedoch nicht einmal erwähnt, sagt Schaefer. Dass nun bereits Gespräche mit der CDU im Raum stünden, habe sie „diplomatisch irritiert“. Auch der Landesvorstandssprecher der Grünen, Ralph Saxe, hätte sich „wenigstens eine Schamfrist“ gewünscht.

„Wir hätten uns eine Schamfrist gewünscht“

Ralph Saxe, Landesvorstandssprecher bei den Grünen

Seine Mandate in der Bürgerschaft und in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung will Özdal offenbar behalten. Dies dürfte die Bremer Regierungskoalition belasten: Durch Özdals Austritt bei den Grünen hat die rot-grüne Regierung nur noch eine Drei-Stimmen-Mehrheit. Zudem hätte die CDU durch den möglichen Parteiwechsel ein Mandat mehr. Das Mehrheitsmandat des Regierungsbündnisses sieht Ralph Saxe dennoch nicht in Gefahr. „Wir sind immer noch in der Mehrheit“, sagt er. Die Partei werde jetzt mit dem Blick nach vorne weitermachen – und Konsequenzen ziehen.

Bei der vergangenen Bürgerschaftswahl sei alles sehr schnell gegangen. Um möglichst viele Kandidaten auf die Wahlliste zu bekommen, hätten die Grünen die Quotierung ab dem Listenplatz neun ausgesetzt – diesen bekam der damalige „Neuling“ Turhal Özdal. Nur durch die knapp 900 Personenstimmen sei er in die Fraktion gewählt worden.

„Solche langen Listenaufstellungen müssen wir in Zukunft hinterfragen“, sagt Saxe. Er fordert mehr Transparenz bei der Aufstellung. Die Partei müsse sich mehr Zeit nehmen, die politischen Hintergründe der einzelnen Kandidaten zu überprüfen. Auch auf quotierten Listen sollten die Grünen künftig bestehen.