Begegnungen III Zwei Frauen, zwei engagierte Intellektuelle, zwei Römerinnen, wie sie römischer nicht sein können. Ein Gespräch
: Von Rom
nach Berlin
nach Europa

Luciana Castellina Foto: Foto aus dem Film „Niente Paura“

Wir sind sehr froh, dass auf dem taz.lab 2016 die große alte Dame der italienischen Linken, Luciana Castellina, und die bedeutende Stimme der afro-italienischen Literatur und Comunity, Igiaba Scego, miteinander, mit uns und mit Ihnen ins Gespräch kommen wollen: über die Schönheit der Differenz und das Recht auf Gleichheit, die italienische Linke und die noch immer weitgehend unbekannte und nur in Teilen aufgearbeitete koloniale Vergangenheit Italiens in Afrika.

Igiaba Scego

Die Schriftstellerin und Journalistin Igiaba Scego wurde 1974 in Rom geboren. Ihre Eltern kamen nach dem Putsch Siad Barres Anfang der 70er Jahre aus Somalia nach Italien. Ein großer Teil des heutigen Somalia stand Ende des 19. Jahrhunderts bis 1960 unter italienischer Herrschaft. Igiaba Scegos Vater war in Somalia ein bekannter Politiker. Mit dem Putsch verloren die Eltern ihren Staus. Scego wuchs also mit Geschichten einer großen Vergangenheit und den Visionen einer unsicheren Zukunft auf: „Für mich als Tochter von Exilanten, die sich in einem Meer der Ungewissheit befand, war das Lesen ein Rettungsanker. In Büchern habe ich meine Geschichte, mich selbst und vor allem Afrika gefunden.“ Sie studierte Literatur und Pädagogik und begann erste eigene Texte zu veröffentlichen. Eines der Themen der meist autobiografisch geprägten Werke ist ihre doppelte Identität als Somalierin und Italienerin − ein relativ neues Thema in Italien, das erst seit Kurzem Einwanderungsland ist. Scego schreibt auch für Zeitungen und Zeitschriften wie Il manifesto und La repubblica. Sie lebt in Rom. Im Januar 2016 stellte sie ihren Roman „Adua“ im italienischen Kulturinstitut in Berlin vor.

Luciana Castellina

Luciana Castellina wurde 1929 in Rom geboren. Ihr Vater stammte aus Mailand, ihre Mutter aus dem Triester jüdischen Bürgertum. Sie studierte Jura und war seit 1947 Mitglied in der Kommunistischen Partei Italiens (PCI). Wegen ihres poli­tischen Engagements saß sie mehrmals im Gefängnis, auch in Athen wegen ihrer Proteste gegen die damalige Militärdiktatur. Im Jahr 1970 wurde Luciana Castellina mit der Gruppe, die die bis heute erscheinende Tageszeitung Il manifesto gründete, aus der PCI ausgeschlossen. Von 1976 bis 1983 war sie Abgeordnete im italienischen Parlament, von 1979 bis 1999 Abgeordnete im Europäischen Parlament. Sie ist mit dem Politiker und früheren Partisanen Alfredo Reichlin verheiratet und hat zwei Kinder. Seit 2015 gehört Luciana Castellina zum Präsidium der Partei Sinistra Ecologia Libertà sowie zur Führung der linken italienischen Europaliste L̕Altra Europa con Tsipras. In der taz kam Luciana Castellina zuletzt 2014 zu einem Redak­tionsbesuch vorbei.

Und natürlich über Europa, das gerade zu vergessen scheint, welche Aufgabe es eigentlich hat: offen zu sein für Neues – und für Neue. Ambros Waibel

Ein Gespräch über die Schönheit der Differenz, die italienische Linke und die koloniale Vergangenheit Italiens in Afrika