Brandschutz mit großen Mängeln

Nach der Brandkatastrophe im Abschiebeknast auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol erheben Experten und der niederländische Flüchtlingsrat schwere Vorwürfe

KÖLN taz ■ Eine zentral gesteuerte Verriegelung der Zellentüren hätte den Opfern des Brandes im Amsterdamer Abschiebegefängnis möglicherweise das Leben retten können. Zu diesem Ergebnis kamen sowohl Feuerwehrexperten als auch der niederländische Flüchtlingsrat am Tag nach der Feuerkatastrophe auf dem Areal des Flughafens Schiphol, bei der am Donnerstag 11 Insassen starben und 15 weitere Menschen verletzt wurden.

„Wir haben wiederholt auf ein elektronisches Verriegelungssystem gedrängt“, erklärte ein Sprecher des Flüchtlingsrats. „Es handelt sich bei den Häftlingen ja nicht um Schwerverbrecher.“ Aber das Justizministerium habe ein solches System, mit dem sich im Notfall alle Türen auf einmal öffnen lassen, stets abgeblockt. Die Wärter hatten, nachdem ein Gebäudetrakt mit 43 Gefangenen in Brand geraten war, nach Meinung von Augenzeugen zu spät damit begonnen, jede Zellentür einzeln zu öffnen.

Kritik gab es auch am Brandschutz in dem aus Fertigteilen zusammengezimmerten Containerkomplex, in dem zum Zeitpunkt des Feuers 350 Abschiebehäftlinge untergebracht waren. Obwohl die Brandursache weiter unklar ist, müsse es erhebliche Mängel gegeben haben, erklärte ein Sprecher der Katastrophenbekämpfungsbehörde Nibra. Es sei „äußerst unwahrscheinlich“, dass ein Feuer so schnell um sich greift und so viele Menschenleben fordert, wenn die Gebäude, wie das Justizministerium behaupte, alle feuerfest gemacht waren. Keine der Zellentüren war mit einer brandabwehrenden Beschichtung versehen.

Vorwürfen, das Personal habe Fehler gemacht und sei zum Teil für den Job nicht qualifiziert gewesen, begegnete Justizminister Donner am Donnerstagabend in einer Dringlichkeitsdebatte im Parlament mit dem Hinweis, alle neun Wärter, die in jener Nacht ihren Dienst versahen, hätten eine Ausbildung und nur zwei seien Mitarbeiter von privaten Sicherheitsfirmen. Das Parlament forderte eine umfassende Untersuchung der Sicherheitsvorkehrungen im Gefängnis.

Die europäischen Grünen forderten inzwischen EU-weite Mindeststandards für die Abschiebehaft. Der EU-Abgeordnete Cem Özdemir sagte der Berliner Zeitung, bislang gebe es in den EU-Ländern große Unterschiede bei der Belegungsdauer oder den baulichen Standards. Nach Auffassung Özdemirs sind Flughäfen ohnehin „nicht der richtige Ort für eine menschenwürdige Haft“. HENK RAIJER