„Ich habe nie Bürger von Peru unterdrückt“

Ex-Präsident Alberto Fujimori beteuert in einem noch in Japan geführten taz-Interview seine Unschuld und bezeichnet die Vorwürfe, er sei für Mord, Menschenrechtsverletzungen und Korruption verantwortlich, als politisch motiviert

taz: Herr Fujimori, Sie wollen nach Peru zurückkehren und erneut Staatspräsident des Landes werden.

Alberto Fujimori: Ich war und bin der festen Überzeugung, dass ich nach Peru zurückkehren muss, um dem peruanischen Volk wieder zu dienen. Nun ist es so weit.

Aber Sie haben bis heute als Japaner in Tokio gelebt. Wollen Sie nun wieder als peruanischer Staatsbürger nach Lima zurück? Ist das nicht widersprüchlich?

Ich bin in Peru geboren und habe zusätzlich die japanische Staatsbürgerschaft bekommen. Das ist alles. Der Verfassung Perus widerspricht das nicht.

Aber die Situation Perus hat sich völlig verändert.

Ja. Die Unsicherheit ist groß, aber die jetzige Regierung unternimmt nichts dagegen.

Meinen Sie damit die Guerillas?

Den Terrorismus habe ich bekämpft und niedergeschlagen, jedoch wächst die Angst der Bevölkerung angesichts der allgemeinen Unsicherheit, weil die peruanische Regierung nicht handlungsfähig ist.

Ihr Vorgehen gegen die Guerillas machte 1997 Schlagzeilen, als alle 14 Geiselnehmer der japanischen Botschafterresidenz unter Ihrem Kommando erschossen wurden. Stimmt es, dass die Geiselnehmer getötet wurden, nachdem sie sich bereits ergeben hatten?

Im Gebäude sah es aus wie auf einem Schlachtfeld. Unsere Spezialeinheiten haben die Terroristen dort gefunden und erschossen. Es war keine Hinrichtung. Wir haben die Terroristen erfolgreich niedergeschlagen.

Es gab große Proteste gegen Ihre Aktion. In Peru werden Ihnen darüber hinaus Mord, Menschenrechtsverletzungen und Korruption vorgeworfen. Menschenrechtsorganisationen und die peruanische Regierung bezeichnet Sie als „gesuchten Verbrecher“.

Es gibt für diese Vorwürfe keinen Grund. Interpol hat nur den Antrag der peruanischen Regierung angenommen, und da sitzen meine politischen Feinde. Es geht hier um eine politische Frage, und daher wird sich alles nach der nächsten Präsidentschaftswahl in Peru verändern.

Vladimiro Montesinos, Ihr einstiger Vertrauter und Geheimdienstchef, hat Sie auch beschuldigt.

Heute weiß ich, dass das berüchtigte „Killerkommando“ von Montesinos vor meiner Amtszeit entstanden war, 1986 bis 1987. Unglücklicherweise konnte ich keine Kontrolle über sein Netzwerk übernehmen. Auch die Korruption war Montesinos’ Werk, nicht meines. Dafür verantwortlich ist er, nicht ich. Ich habe gegen den Terrorismus gekämpft, und ich habe niemals die Bürger von Peru unterdrückt.

Für die Weltöffentlichkeit gelten Sie als Autokrat. Das klingt zwar freundlicher als Diktator, aber nicht unbedingt besser, oder?

Ist das wahr? Ich bin aber kein Autokrat. Peru stand vor der Gefahr des brutalen Kommunismus und Terrorismus. Dagegen musste sich mein Land unter meiner starken Führung zur Wehr setzen.

So haben auch andere Ex-Präsidenten in Südamerika argumentiert – etwa Augusto Pinochet in Chile oder Jorge Videla in Argentinien. Wie schätzen Sie Ihre alten Amtskollegen?

Ich will einzelne Politiker nicht kommentieren. Ich sage Ihnen aber nochmals, dass ich mich korrekt verhalten habe. Ich achte das Völkerrecht.

Sie wollen nach Peru zurück. Aber der politische Trend in Lateinamerika geht eher nach links, so wie in Brasilien, Uruguay oder Venezuela.

Die sozial und ökonomisch schwierige Situation macht die Bevölkerung in Lateinamerika unzufrieden. Das kann durch Investionen aus dem Ausland gelöst werden, da damit mehr Arbeitsplätze geschaffen und ein höherer Lebensstandard erreicht werden können. Die neue liberale Ökonomie kann nicht nur in Japan, in Westeuropa oder in den USA Erfolg haben, sondern auch in Lateinamerika. Das ist bereits in meiner Amtszeit in Peru bewiesen worden. Dadurch bin ich ja in meinem Land so populär geworden.

Sie sind in Japan der bekannteste Japanoamerikaner. Nur dadurch haben die japanischen Unternehmer so viel in Peru investiert und nur deshalb hat die japanische Regierung Peru so großzügige Entwicklungshilfe geleistet.

Ich bin in Peru populärer als in Japan. Es war vor mir fast undenkbar, dass ein japanischstämmiger Bürger zum politischen Führer eines lateinamerikanischen Landes werden könnte. Durch meinen Erfolg gibt es heute kaum mehr Diskriminierung gegen die Einwanderer aus Japan.

Es ist wahr, dass ich die japanische Erziehung bekommen habe, dass ich die japanische Denkweise habe, oder dass ich durch die Achtung für den japanischen Kaiser den Respekt vor der Autorität und Patriotismus gelernt habe. Das sind alles Dinge, die Südamerika heute braucht.

INTERVIEW: NOBUHIKO MURATA