Land zwischen Irak, Palästina und Israel

Die geografische Lage in der Mitte eines „Konflikt-Sandwichs“ bereitet der Jordanien zunehmend Probleme

Radikale Islamisten unterziehen ihre Strategie derzeit einer ernsthaften Revision

AMMAN taz ■ Die Anschläge in der jordanischen Hauptstadt Amman sind ein Hinweis darauf, dass die Taktik der militanten Islamisten derzeit einer ernsthaften Revision unterzogen wird. Auf ihren Webseiten läuft seit Beginn des Jahres eine heftige Diskussion, ob man sich bei den militanten Operationen auf den Irak konzentrieren oder die Aktivitäten auf andere Staaten ausweiten soll. Geheimdienste fürchten bereits seit längerem, dass, ähnlich wie im Falle Afghanistan, die militanten Rückkehrer aus dem Irak zu einem Sicherheitsproblem für die gesamte Region werden könnten.

Der Irak hat sich seit dem Krieg als Magnet für arabische heilige Krieger erwiesen, die dort ausgiebig Kampferfahrung gesammelt haben. Nun, so die Sorge, könnten sie in ihre Heimatländer zurückkehren, um ihr blutiges Werk fortzusetzen. Möglicherweise sind die Anschläge in Amman der erste massive Ausdruck dieses Phänomens der Irak-Rückkehrer.

Dabei ist es eher erstaunlich, dass das Land bisher mehr oder weniger von Anschlägen verschont worden ist. Jordanien mit seinen 5.600.000 Einwohnern ist eine Art „Konflikt-Sandwich“ zwischen dem Irak auf der einen Seite und der Grenze zum palästinensischen Westjordanland und Israel auf der anderen Seite. Im Land selbst wachsen seit dem Irakkrieg die Ressentiments gegenüber der Nähe der eigenen Regierung zu Washington und zur US-Politik. Das jordanische Könighaus gilt als treuer Verbündeter der US-Regierung. Keine gute Referenz bei einer Bevölkerung, die zu 60 Prozent palästinensischer Abstammung ist und die fast ausschließlich aus Sunniten besteht, die mit ihren aufständischen Glaubensbrüdern im Irak sympathisieren.

Amman stellt auch die wichtigste Durchgangsstation auf dem Weg in den Irak dar – wer immer im Irak geschäftlich zu tun hat, seien es Geheimdienstagenten, Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen, Geschäftsleute oder Journalisten. Sie alle benutzen Amman als Sprungbrett nach Bagdad. Und viele von ihnen steigen in den am Mittwoch angegriffenen Hotels ab. Kein abwegiges Ziel also für Mudschaheddin, die ihren heiligen Krieg über die Grenze des Irak ausweiten wollen.

KARIM EL-GAWHARY

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