Umweltfreundliche Autos: Öko als Fetisch

Das Angebot an umweltfreundlichen Autos wächst - allerdings nicht bei allen Herstellern. Die deutschen Modelle sind bei den Öko-Karossen bisher eher spärlich vertreten.

Der Kleine kann auch anders - beim CO2 Ausstoß liegt der Smart gut im Rennen. Bild: dpa

Japaner dominieren das Bild. Weil sie auch in diesem Jahr die besten Plätze im Vergleichstest des Öko-Verkehrsclubs VCD erreicht hatten, stehen am Dienstag überwiegend Modelle von Toyota und Honda vor dem Bundespresseamt, wo die Ergebnisse vorgestellt werden. Doch mit Volkswagen und Smart sind immerhin auch zwei deutsche Hersteller am Spreeufer zu sehen. Auf der Gesamtliste des VCD haben sie es zwar nur auf die Plätze 7 bis 10 geschafft, doch in einzelnen Kategorien liegen sie vorn: Smart baut - knapp vor Toyota - das Fahrzeug mit dem geringsten Ausstoß des klimaschädlichen CO2, VW produziert laut VCD den umweltfreundlichsten 7-Sitzer.

Doch ansonsten dominieren die Japaner: Siebenmal sind sie allein auf der allgemeinen Top-Ten-Liste vertreten. Die Spitzenplätze nehmen dabei Modelle mit Hybrid-Antrieb ein, einer Kombination aus Benzin- und Elektromotor. "Beim Hybrid hinken die deutschen Hersteller weit hinterher", sagte Werner Korn vom VCD-Vorstand.

Der Gesamtsieger, der neue Toyota Prius Hybrid, verbraucht auf 100 Kilometer nur noch 3,9 Liter und produziert pro Kilometer 89 Gramm CO2 - weit weniger als ein vergleichbar großer Golf Variant, der in der sparsamsten Variante 109 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt.

Dabei war VW schon mal viel weiter: Zwischen 1999 und 2003 lag der Wolfsburger Hersteller stets an der Spitze der VCD-Liste. Doch der sparsame Lupo, dessen bestes Modell nur drei Liter auf 100 Kilometer verbrauchte, wurde 2005 eingestellt. Das aktuell sparsamste Auto, der Smart fortwo cdi, ist deutlich kleiner, verbraucht mit 3,4 Liter Diesel dennoch deutlich mehr als der Lupo vor zehn Jahren.

In Sachen Verbrauch übt der VCD denn auch die deutlichste Kritik an den Herstellern: "Der Spritverbrauch wurde zwar gesenkt, allerdings nicht nicht im technisch möglichen und klimapolitisch möglichen Maß", sagt Werner Korn. Seit dem Erscheinen der ersten VCD-Liste vor 20 Jahren sei der durchschnittliche CO2-Ausstoß nur um 22 Prozent gesunken. Schuld sei neben den Herstellern auch die Politik, die auf strenge Grenzwerte verzichtet habe.

Größere Fortschritte gab es in anderen Bereichen: Beim ersten Test 1989 hatte die Mehrheit der Autos noch keinen Katalysator. Auch den Partikelfilter für Dieselmotoren bekämpfte die Industrie bis zuletzt; erst in diesem Jahr ist er praktisch Standard. Mit den jüngsten Entwicklungen ist der VCD denn auch recht zufrieden: "Wer ein umweltfreundliches Auto kaufen will, hatte noch nie so viel Auswahl wie heute", bilanzierte VCD-Verkehrsexperte Werner Lottsiepen.

Und die Nachfrage wächst: Durch die steigenden Treibstoffpreise achten immer mehr Menschen auf sparsame Autos. 58 Prozent der AutofahrerInnen achten laut einer aktuellen Aral-Umfrage beim Kauf eines Neuwagens auf den CO2-Ausstoß.

Doch nicht nur deshalb könnten für Hersteller wie BMW oder Mercedes, die (abgesehen vom Smart) auf der VCD-Liste nicht auftauchen, schwere Zeiten anbrechen. Stefan Bratzel vom Institut für Automobilwirtschaft in Bergisch-Gladbach hat einen weiteren Trend festgestellt, der den Managern dieser Firmen Probleme bereiten dürfte: Insbesondere bei den jüngeren Leuten verliert das Auto seinen Fetischcharakter. "Dass man öffentlich angegriffen wird, weil man ein großes Auto fährt, ist ziemlich neu", konstatiert der Verkehrsexperte. "Wenn es zur Entemotionalisierung des Autos kommt, dann bedeutet das den Tod der Premiumhersteller."

Zwar ist kaum anzunehmen, dass alle Luxus- und Großwagenhersteller vom Markt verschwinden. Doch zurzeit findet weltweit ein Umbruch der Autoindustrie in bisher ungekanntem Ausmaß statt. Die drei US-Hersteller hatten sich in den letzten Jahren fast ganz auf den permanent wachsenden US-Binnenmarkt eingestellt und ihn mit Pick-ups und Achtzylindern überschwemmt. Das ist Vergangenheit: Die Dinosaurierfirmen stehen weitgehend vor der Pleite.

Auch der weltweit größte Autohersteller Toyota, der neben seinem Ökomodell Prius auch eine Vielzahl von Vans und Geländewagen produziert, erlebt seit Oktober 2008 den freien Fall. Im Februar produzierte die Firma etwa 70 Prozent weniger Großwagen als ein Jahr zuvor, während der Absatz an Kleinwagen lediglich um 13 Prozent zurückgegangen war.

Weil die Firma hohe Fixkosten hat und erst bei einer sehr hohen Auslastung der Fabriken rentabel ist, wurden im März innerhalb von elf Tagen bereits elf Standorte geschlossen. Der Zustand des Unternehmens versetzt viele Japaner in Panik. Holger Bungsche von der Universität Kobe geht davon aus, dass nach Pleiten und Fusionen nur drei japanische Autohersteller übrig bleiben werden.

In China dagegen sehen viele Automanager die Krise als Chance, die bisher zersplitterte Branche zu zentralisieren und vielleicht gar zum Zentrum der weltweiten Autoindustrie aufzusteigen. Die Regierung in Peking hat mit einer Halbierung der Steuern beim Kauf von Kleinautos den Absatz angekurbelt. Ob im Jahr 2020 ein deutsches Elektroauto die VCD-Liste anführen wird, wie Umweltminister Sigmar Gabriel hofft, oder ein chinesischer Kleinwagen, ist offen.

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