ILA: Luftwaffen zum Anfassen

Berlin und Brandenburg freuen sich, dass die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung in der Region bleibt. Kritiker sehen in ihr eine laute Militärshow.

Zu den Fachbesuchern gehörten nicht nur Militärdelegationen. Bild: reuters

Die internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) ist im Anflug. Ab dem heutigen Dienstag will die deutsche und die internationale Luftfahrtindustrie im südlichen Teil des Schönefelder Flughafengeländes mit PS-starken Hightechvögeln wieder ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Zunächst einmal für Fachbesucher, Militärattachés und geladene Gäste; ab dem 11. Juni bis einschließlich Sonntag soll auch die zahlende Öffentlichkeit auf ihre Kosten kommen: Geboten werden Flugshows, Jobkontakte, Würstchen und Rundflüge. Zur letzten ILA vor zwei Jahren kamen nach Angaben der Veranstalter 241.000 Besucher und 1.127 Aussteller aus insgesamt 37 Ländern.

In den vergangenen Wochen war die Flugzeugschau vor allem im Gerede, weil sie den Abflug aus Berlin machen sollte. Auch Leipzig hatte sich beworben, die Messe bis 2020 auszurichten; gleichzeitig wurde das bisherige Gelände für den laufenden Ausbau des Flughafens Schönefeld gebraucht. Nach mehreren Verhandlungsrunden ist seit Freitag klar: Die ILA findet weiter nahe Schönefeld statt. Dies hat der Bund der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), der zusammen mit der Messe Berlin GmbH die Schau veranstaltet, entschieden.

Vor allem die hiesigen Wirtschaftspolitiker atmeten auf. Denn die ILA gilt als "wichtiges Schaufenster" der Luftfahrtbranche Berlins und Brandenburgs, so Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linkspartei). Nach seinen Angaben sind rund 5.000 Beschäftigte in den etwa 130 Betrieben der Luft- und Raumfahrtindustrie Berlins und Brandenburgs tätig. Hinzu kämen "weitere 11.500 Arbeitsplätze in branchenaffinen Unternehmen". Zur Branche zählten namhafte Wartungsunternehmen wie die Lufthansa Technik AG, aber auch der kleine Flugzeugausstatter Beechcraft Berlin Aviation. Insgesamt würden diese Unternehmen einen Jahresumsatz von 2,1 Milliarden Euro erwirtschaften. Damit sei Berlin-Brandenburg neben Hamburg und München der drittgrößte Standort der deutschen Luftfahrtindustrie.

Dementsprechend hoch schätzen die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg die Bedeutung der ILA ein: Stephan Schulz, Sprecher des Berliner Wirtschaftssenators Harald Wolf (Linkspartei), betont ihre Funktion als "technologischer Marktplatz". So würden der Region durch Dienstleistungen rund um die Messe und im Gastronomie- und Hotelgewerbe eine zusätzliche Wertschöpfung von 190 Millionen Euro verschafft und 2.100 Arbeitsplätze gesichert. Berlin und Brandenburg schossen der Schau bisher jeweils mehrere Millionen Euro Förderung zu.

Das stößt seit Jahren auf Kritik. Etwa bei Michael Jungclaus, dem verkehrspolitischen Sprecher der Grünen im Brandenburger Landtag: Die ILA sei zum großen Teil eine "Waffenschau der Rüstungswirtschaft". Eine solche Veranstaltung müsse sich selbst tragen. In der Tat sind beim Ausrichter BDLI viele Vertreter aus in der Rüstung tätigen Unternehmen Mitglied: Rolls-Royce Deutschland etwa ist an der Produktion der Eurofighter-Triebwerke beteiligt, MTU Aero Engines entwickelt zahlreiche Triebwerke, so für den A 400 M-Militärtransporter.

Cristopher Bach, Sprecher des BDLI, betont, die ILA sei eine Verkaufs- und Orientierungsmesse. Zu den Fachbesuchern gehörten nicht nur Militärdelegationen aus dem In- und Ausland, sondern auch Bundespolizei und Rettungsdienste. Politische Akteure, Industrie, Forschung und Militär könnten "Hintergrundgespräche" über "industrielle Bedürfnisse" führen und Verträge einleiten. Das Beschaffungswesen der Bundeswehr erlaube jedoch keine direkten Waffenkäufe auf der Messe. Kriegsgerät sei nur ein Ausstellungssegment, daneben gebe es auch Segelflieger, Sport- und Nutzflugzeuge.

Auch für die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft ist militärisches Fluggerät auf der ILA keinesfalls überrepräsentiert: Dessen Anteil betrage "seit 1996 konstant zirka 30 Prozent", so Sprecher Stephan Schulz. Dies entspreche dem Anteil der "wehrtechnischen Luft- und Raumfahrtindustrie am Gesamtumsatz der Branche".

Größter Einzelaussteller bleibt jedoch die Bundeswehr: Sie zeigt voraussichtlich mehr als 40 Fluggeräte, darunter Tornados, Eurofighter und "Tiger"-Kampfhubschrauber. Und es gibt ein Rekrutierungsbüro ihres Personalamts. Auch andere Länder stellen ihre Kampfflugzeuge zur Schau: Neben Schweden, Ungarn und Italien sind die USA mit dem B52-Bomber vertreten, der für viele zivile Opfer in Afghanistan verantwortlich gemacht wird.

Für Hans Erxleben, Abgeordneter der Linken in der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick, geht das Programm der ILA deshalb "in die falsche Richtung." Die Messe habe vielmehr einen militärischen Anteil von knapp 50 Prozent und belästige Anwohner durch laute Kampfflieger. Besonders störe ihn die Vorführung von alten Messerschmitt-Jägern als "Traditionsflugzeuge". Diese waren ein Hauptbestandteil der Luftwaffe in der NS-Zeit. Deshalb plant er für den 11. Juni eine Transparentaktion, um Besucher "zum Nachdenken anzuregen".

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