Kommentar Weißrussland: Eine Verurteilung ist überfällig

Die internationale Verurteilung mag nicht der stärkste politische Hebel sein, aber sie hätte moralisches Gewicht. Ob die EU sich dazu aufraffen kann, ist allerdings zweifelhaft.

Das Regime in Weißrussland spricht allen rechtsstaatlichen und menschrechtlichen Orientierungen, auf denen die Europäische Union gründet, Hohn. Diplomatische Rücksichten und wirtschaftliche Interessen sollten nicht zu einer schweigenden Duldung dieser Repression durch die Staaten der EU führen.

Diktatoren sind fast aller Verbrechen fähig, um an der Macht zu bleiben. Dafür benötigen sie einen meist gut identifizierbaren Stab von Helfershelfern, die vom diktatorischen Machterhalt profitieren. Und es gibt die vielen, recht ängstlichen Menschen, die moralisch handeln würden, wenn sie dürften.

Ihre Ängstlichkeit beruht nicht nur auf der berechtigten Furcht, selbst verletzt zu werden, sondern hat einen unmittelbaren moralischen Aspekt: Es geht auch um das Leben der eigenen Familie und Freunde.

Ehrhard Stölting ist Autor der taz.

Demgegenüber sind die Oppositionellen im Lande isoliert. Gerade in Weißrussland wurden sie systematisch ihrer Öffentlichkeit beraubt. Ihre Unterdrückung dient auch dazu, die Ängstlichen einzuschüchtern. Die Oppositionellen in dieser Lage von außen zu unterstützen, ist schwierig, widersprüchlich - und unbedingt notwendig, denn sie brauchen die internationale Ermutigung.

Das weißrussische Regime kann in Russland und der Ukraine zwar noch mit Sympathien rechnen. Aber auch diese beiden Länder sind um gute Beziehungen zur EU bemüht. Sie würden sich einem offiziellen Protest aus Brüssel nicht in den Weg stellen.

Die internationale Verurteilung mag nicht der stärkste politische Hebel sein, den es gibt, aber sie hätte moralisches Gewicht. Ob die EU sich dazu aufraffen kann, ist allerdings zweifelhaft. Das zeigt schon der Blick auf ihren Umgang mit dem - vergleichsweise harmlosen - Mitgliedsland Ungarn.

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