Perspektive EU

Mazedoniens Entwicklung seit dem Krieg gilt als vorbildlich. Der Lohn könnte der EU-Beitritt sein

SPLIT taz ■ Mazedonischer Wein findet in Kroatien reißenden Absatz. Die Vranac-, Pinot- oder Sauvignon-Weine aus der südlichen Republik sind viel billiger und oft besser als die heimischen Produkte. Auch sonst haben Lebensmittel aus Mazedonien in Kroatien und Bosnien Konjunktur. Selbst das Hundefutter besteht den Preis- und Qualitätstest.

Kein Zweifel, die Wirtschaft des Zwei-Millionen-Einwohner-Staates hat nach den außen- und innenpolitischen Wirren der letzten Jahre wieder Tritt gefasst. Der Vertrag von Ohrid, der den drei Monate währenden Bürgerkrieg im Juni 2001 beendete, wird sowohl von der slawisch-mazedonischen Mehrheitsbevölkerung als auch von der albanischen Minderheit eingehalten.

Internationale Institutionen haben bei der Stabilisierung des Landes geholfen. Vor allem die EU ist aktiv. Die im Oktober 2001 stationierten Nato-Truppen wurden im März 2003 zunächst von einer EU-Armee, dann von einer EU-Polizeimission ersetzt. EU-Wirtschaftsexperten beraten die Regierung. Zudem fließen erhebliche Finanzmittel in die Entwicklung der Infrastruktur.

Seit die EU am 18. Dezember entschied, dem Land den Status eines Beitrittskandidaten zu geben, sind die Aussichten für die mazedonische Wirtschaft noch besser geworden. Weil der internationale Einsatz in Mazedonien einen weiteren Balkankrieg verhindert hat und die Entwicklung hin zur Demokratie gewährleistet erscheint, gilt Mazedonien bei den Politikern der EU als eine „europäische Erfolgsstory“.

Der Kandidatenstatus ist der Lohn. Er wurde gegen Widerstände aus Frankreich, den Niederlanden und auch aus Großbritannien durchgesetzt. Denn nach den Volksabstimmungen über die EU-Verfassung stemmen sich vor allem Frankreich und die Niederlande gegen eine neue Erweiterungsrunde.

Dabei waren es gerade die Franzosen, die in den letzten Jahren in Mazedonien eine wichtige Rolle spielten. Dass die Kehrtwendung in Paris sich in Brüssel nicht durchsetzen konnte, hat die Regierung in Skopje erleichtert aufgenommen.

Allerdings kamen die Regierungschefs den Bedenken Frankreichs entgegen, indem sie für die Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft kein Datum festgelegt haben. Die EU-Regierungen wollen erst im Juni nächsten Jahres bei einem Gipfeltreffen grundsätzlich entscheiden, in welchem Tempo und nach welchen Regeln künftige Erweiterungsverhandlungen geführt werden sollen.

Das ist sicherlich ein Dämpfer für die mazedonischen Amibitionen. Doch dass Österreich, Finnland und Deutschland in den nächsten eineinhalb Jahren die EU-Präsidentschaft innehaben und den Integrationsprozess auf dem Balkan weiterführen wollen, ermutigt die Regierung in Skopje. Als EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn zudem erklärte, die Entscheidung des Europäischen Rates sei ein positives Signal nicht nur an Mazedonien, sondern an den gesamten westlichen Balkan, feierten die Menschen. „Die EU hat diesen Staaten einer klare europäische Perspektive gegeben“, sagte Rehn. ERICH RATHFELDER