Ein Vorkämpfer für die peruanische Linke

NACHRUF Der Politiker und Menschenrechtler Javier Diez Canseco stirbt im Alter von 65 Jahren an Krebs

BUENOS AIRES taz | Die peruanische Linke hat eine ihrer größten Persönlichkeiten verloren: Javier Diez Canseco war eine der führenden Personen der zerfallenen Izquierda Unida (Vereinigte Linke). Canseco war als Politiker ebenso geschätzt wie als Menschenrechtler und Analytiker. Dennoch hatte er auch immer seinen eigenen Kopf. Bei der letzten Präsidentschaftswahl unterstützte er den nicht gerade als links anzusehenden späteren Gewinner Ollanta Humala. „Dies ist ein Land der Ausgeschlossenen, mit wenig Toleranz für Unterschiede,“ sagte er über Peru. Samstagnacht ist er im Alter von 65 Jahren an Krebs gestorben.

1948 in Lima geboren, erkrankte er noch vor seinem ersten Geburtstag an Polio. Ein Jahr musste er im Bett bleiben. „Ich hatte Polio, bevor ich laufen konnte.“ Deshalb war es für ihn doppelt schwer gehen zu können, beschrieb er einmal sein Durchhaltevermögen.

Als Soziologiestudent an der katholischen Universität Pontificia Universidad Católica del Perú zog er in den Armenbezirk San Martín de Porres. „Ich lebte mit den Foucault-Brüdern – ein religiöser Orden, der das Leben von Jesus Christus imitierte“, erzählte er. Hier kam er in Kontakt mit linken und revolutionären Ideen. Anfang der 1970er begann sein Engagement in Studentengruppen der revolutionären Linken, das ihm den Rauswurf aus der Universität einbrachte.

Unter der Herrschaft des Militärchefs Francisco Morales Bermúdez wurde er mit 12 anderen der Organisation eines Generalstreiks beschuldigt, entführt, nach Buenos Aires verschleppt, der Militärjunta übergeben und später nach Frankreich abgeschoben. Noch im französischen Exil kandidierte er 1978 erfolgreich für die damalige Verfassunggebende Versammlung.

Seither wechselten sich Mandate für das Abgeordnetenhaus und den Senat ab. Mit einer Präsidentschaftskandidatur 2006 scheiterte er jedoch kläglich.

Im November 2012 entzog ihm der Kongress für 90 Tage sein Mandat, weil er seiner Frau und Tochter mit einer Gesetzesvorlage Vorteile verschafft haben soll. Diez Canseco wertete das als Racheakt. „Wenn sie mich dafür suspendieren, dass ich drei Bankdirektoren und einen Minister wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten hinter Gitter gebracht habe, gehe ich gerne,“ sagte er damals. JÜRGEN VOGT