Bollmann und Hagen

Bollmann sitzt heut wieder malSpät in Inges Bierlokal.

Eben nimmt ein sprachgewandter, Recht belesener Bekannter

Namens Hagen mit dem Satz „Tag auch!“ neben Bollmann Platz.

Bollmann trinkt und schweigt, doch Hagen Steht der Sinn nach letzten Fragen.

„Ja, der Mensch …“, beginnt er heiser, Und es folgt, ein wenig leiser:

„Liegt ein Sinn in seinem Hiersein?“ Bollmann schenkt sich noch ein Bier ein.

„Wer“, fragt Hagen unerbittlich, „Handelt überhaupt noch sittlich?“

Bollmann schlürft das zwölfte Pils; Hagen aber spricht: „Ich will’s

Endlich wissen, will es raffen: Sind wir Götter – oder Affen?“

Bollmann prüft des Bieres Schaum. „Wo“, ruft Hagen in den Raum,

„Bleibt das Gute, Schöne, Wahre?“ Bollmann ordert rasch zwei Klare.

„Niemand“, so fährt Hagen fort,„Hält sich an das Bibelwort,

Dass man lieben soll, nicht hassen.“ Bollmann eilt zum Wasserlassen.

Auf dem Rückweg winkt er Inge, Dass sie noch zwei Helle bringe.

Hagen schreit: „Wir sind verdammt! Sind verloren! Allesamt!

Abgetan! Auch ich! Auch du!“ Bollmann prostet stumm ihm zu.

Hagen klagt in mattem Ton: „Ach, was sind wir Menschen schon!

Nur ein Windhauch allenfalls!“Bollmann gießt sich in den Hals

Einen letzten halben Liter. Hierauf brummt er: „Tschüss, Klaus-Dieter.“

Bollmann geht. Zum Abschied lallt er: „War’n netter Abend, Alter.

Tschau. Man sieht sich. Ab dafür.“ Schon wankt Bollmann aus der Tür.

(Vorher kneift er fachgemäß Inge kräftig ins Gesäß.)

Still zurück mit seinen Fragen Und der Zeche bleibt Freund Hagen.

Christian Maintz