Griechischer Schein

ERT Ein abgespeckter Staatssender könnte seinem Auftrag nicht mehr gerecht werden

Für den griechischen Journalisten und Medienexperten Ferry Batzoglou bedeutet die von der Regierung am Dienstag überraschend verkündete Schließung des Staatssenders ERT das Ende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Griechenland.

Mit einer verkleinerten Mannschaft von 1.200 Beschäftigten, darunter schätzungsweise 300 bis 400 Journalisten, lasse sich „kein öffentlich-rechtliches Programm machen, das auch Minderheiten, Randsportarten, die olympischen Sommerspiele, Fußballweltmeisterschaften, klassische Musik- und Kultursendungen und die Inlands- und Auslandsberichterstattung abdeckt“, sagte Batzoglou der taz.

Die Rundfunkanstalt wird derzeit von rund 2.700 Beschäftigten und Tausenden Bürgern besetzt gehalten.

Batzoglou wirft der Regierung vor, Belegschaft und Sender mit Fehlinformationen gezielt zu verunglimpfen. „ERT ist kein Sanierungsfall“ oder verschwende Geld, so Batzoglou. „ERT hatte im Juni 2.656 Angestellte. Seit 2010 sind bereits rund 1.500 Stellen abgebaut worden, ERT arbeitet personell schon im roten Bereich.“ Der Sender, finanziert durch Rundfunkbeiträge und Werbeeinnahmen, habe in den letzten drei Jahren Überschüsse erwirtschaftet, die in den Staatshaushalt geflossen seien.

Geld entgehe dem Staat durch „skandalöse Steuerleichterungen für die Privatsender“. So habe die griechische Regierung 2010 beschlossen, die Werbeeinnahmen bei den Privatsendern mit einer Steuer in Höhe von 20 Prozent zu belegen, dies aber nicht umgesetzt. „Seit 2010 verliert der Staat 100 Millionen Euro an Steuern. Und die Troika lässt das zu“, sagte Batzoglou.

Am Montag könnte das oberste Verwaltungsgericht Griechenlands entscheiden, ob es die Entscheidung zur Senderschließung einfriert – bis zu einer endgültigen Lösung könnte ERT dann wieder senden. EVA VÖLPEL, ATHEN

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