Verbrechen: Schwul sein Strafe: Tod durch Folter

KAMERUN Brutaler Mord an Aktivist Eric Lembembe lenkt den Blick auf systematische Verfolgung

BERLIN taz | Als Eric Lembembes Freunde ihn zwei Tage lang nicht mehr erreicht hatten, gingen sie am Montagabend zu ihm nach Hause. Das Haus in Kameruns Hauptstadt Yaoundé war von außen mit einem Vorhängeschloss verriegelt, aber durch das Fenster war Lembembe zu sehen – tot auf seinem Bett. Nachdem die herbeigerufene Polizei die Tür einbrach, bot sich eine schrecklich zugerichtete Leiche dar: Hals und Füße waren gebrochen; Füße, Hände und Gesicht waren mit einem Bügeleisen verbrannt.

Lembembe leitete die kamerunische Aidsstiftung Camfaids und war ein Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Und er war einer der prominentesten Homosexuellen Kameruns, bekannt als Journalist, Blogger und Aktivist. Seine Ermordung stieß auf weltweites Entsetzen, insbesondere in den USA.

In kaum einem Land der Welt werden Homosexuelle so unbarmherzig vom Staat verfolgt wie in Kamerun. Zahlreiche afrikanische Länder ächten Homosexualität gesellschaftlich und juristisch, aber in wenigen werden so oft Schwule und Lesben wegen ihrer sexuellen Orientierung verurteilt und inhaftiert, wenn sie nicht gleich Anschlägen zum Opfer fallen.

Erst zehn Tage vor seinem Tod hatte Eric Lembembe auf seinem Blog 76crimes.com über die Zerstörung der Büros der kamerunischen Homosexuelleninitiative Alternatives Cameroun durch einen Brandanschlag am Morgen des 26. Juni berichtet. Es gebe eine „Welle von Angriffen“ im Rahmen einer „koordinierten homophoben Kampagne“, so schrieb er. Am 16. Juni seien die Büros des Juristen Michel Togué ausgeraubt worden – einer der wenigen Anwälte Kameruns, der Homosexuelle vor Gericht verteidigt – und am 1. Juni die des Direktors des Zentralafrikanischen Netzwerks von Menschenrechtsverteidigern (Redhac).

Auf „gleichgeschlechtliche Beziehungen“ steht in Kamerun fünf Jahre Haft. Eigentlich dürfte sich dies nur auf während des Verkehrs erwischte Menschen beziehen, aber der Straftatbestand wird oft auch allein auf Grundlage von Denunziation und übler Nachrede angewandt, sagen Menschenrechtler. Am 9. Juli wurde ein 21-Jähriger in der kamerunischen Küstenstadt Kribi wegen Homosexualität zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt – mit Denunziation sowie Misshandlung durch die Familie seines angeblichen Opfers als einzigem Beweismittel, so Alternatives Cameroun. Am 15. Mai wurden zwei Frauen wegen einer lesbischen Beziehung zu neun Monaten Haft verurteilt.

Seit 2006 eine Zeitung ohne jeden Beweis eine Liste von „Kameruns 50 Top-Schwulen“ veröffentlichte, wird der Vorwurf der Homosexualität gern öffentlich verwendet, um Karrieren zu zerstören – vorher war es tabu, darüber überhaupt zu reden. In einem ausführlichen Bericht vom März 2013 kritisierte Human Rights Watch, der Vorwurf der Homosexualität werde in Kamerun verbreitet zur Erpressung verwendet. DOMINIC JOHNSON