KAI SCHÄCHTELE WUTBÜRGER
: Achtung, die Avedme kommen

Vor etlichen Jahren gab es eine Kampagne, die nichts zeigte als ein Treppenhaus. Darunter stand, sinngemäß, „Ihr tägliches Fitnessstudio“. Es war eine Einladung, öfter mal den Aufzug stehen zu lassen und sich zu bewegen. Mich hat das nachhaltig geprägt. Um jeden Lift, um jede Rolltreppe mache ich seitdem einen Bogen, streife mir im Geiste meinen Jane-Fonda-Gedenk-Body über und springe federnden Schrittes nach oben.

Doch wenn es so weitergeht, ist es bald Zeit für ein Folgemotiv. Darauf ist dann kein Treppenhaus mehr zu sehen, sondern ein Gehsteig. Denn inzwischen sind viele noch nicht einmal mehr willens, einen Stadtspaziergang auf eigenen Füßen hinter sich zu bringen. Stattdessen bewegen sie sich auf etwas fort, das aussieht wie eine Körperwaage mit Rädern. Besser bekannt unter dem Namen Segway. Korrekt benannt müssten die Dinger allerdings Avedme heißen: „Anfang vom Ende der menschlichen Evolution“.

Da braucht der Mensch Jahrmillionen, um zum aufrechten Gang zu gelangen. Und dann kommt so eine rollende Sünde daher. Wenn ich die Horden an mir vorbeiziehen sehe, die Stadtführungen auf diesen Fahrzeugen absolvieren, kann ich nur noch denken: „Das war’s wohl, Menschheit.“ Segways werden, wie ich las, bis zu 20 Stundenkilometer schnell und sind allein durch die Verlagerung des Körpergewichts steuerbar. Meine Prognose: Noch zehn Jahre, und die Leute sind noch nicht einmal in der Lage, ihren Körper so einzusetzen, dass sie damit das Gewicht verlagern könnten.

Spätestens dann gibt es die finale Anzeige. Darauf zu sehen: ein Bett, verbunden mit der Aufforderung, doch bitte regelmäßig den Geschlechtsakt aus eigener Kraft zu praktizieren: „Ihrer Gesundheit zuliebe“. Aber wahrscheinlich gibt es bis dahin schon längst ein Gerät, in das man seinen Unterleib spannt und das einem die schweißtreibenden Mühen des Rauf-und-runter abnimmt. Ich hätte dafür auch schon einen Namen: Sexway.

Hier wüten abwechselnd Kai Schächtele und Isabel Lott