Die Burka-Rächerin kämpft mit Bleistift und Buch

PAKISTAN In der 3-D-Animationsserie „Burka Avenger“ hat eine verschleierte Lehrerin Superkräfte. Menschenrechtler und Religiöse finden das anstößig

Von Kopf bis Fuß verschleiert, nimmt sie es mit islamistischen Extremisten auf

Wenn Jiya in ihre Burka schlüpft, wird sie zur Superheldin. Die Heldin der neuen Animationsserie im pakistanischen Fernsehen ist Lehrerin an einer Mädchenschule und verschleiert sich nur, wenn sie es für nötig hält.

Zum Beispiel um gegen die Taliban und korrupte Politiker zu kämpfen. Sie ist dabei nur mit Bleistift und Buch bewaffnet. Die Burka dient ihr als Umhang, mit dem sie über Pakistan gleitet. Von Kopf bis Fuß verschleiert, nimmt sie es mit islamistischen Extremisten auf, die Mädchenschulen schließen wollen.

Ihr spezielles Superheldinnen-Kostüm ist es auch, an dem Religiöse und Menschenrechtler Anstoß nehmen. „Die Burka ist ein Symbol der Unterdrückung in Pakistan. Frauen tragen sie nicht freiwillig, sondern weil sie ihnen aufgebürdet wird“, sagt die Menschenrechtlerin Tahira Abdullah. Kuser Firdaus von der fundamentalistischen Jamaat-e-Islami-Partei argumentiert, die Burkas seien islamische Verpflichtung; „sie für Charaktere in Comics zu benutzen, ist eine Beleidigung einer Religion und ihrer Symbole“.

Teil der Kultur

Der Erfinder der Serie, der pakistanische Popstar und Produzent Aaron Haroon Rashid, wehrt sich gegen die Vorwürfe. Die Burka sei Teil der Kultur Jiyas und ein Mittel, ihre Identität als Superheldin zu verschleiern.

Die 3-D-Zeichentrickserie aus 13 Episoden ist ein Riesenerfolg: In Pakistan schauen sie jeden Sonntag Hunderttausende – vor allem Kinder – im größten Sender des muslimischen Landes. Weil mittlerweile auch aus dem Ausland Interesse an „Burka Avenger“ angemeldet wurde, gibt es Pläne, die Serie in 60 weiteren Ländern auszustrahlen, sagt Haroon Rashid.

Mehr als jedes zweite Mädchen geht in Pakistan nicht zur Schule. Die Taliban greifen oft Mädchenschulen an, um sie zu zerstören. Viele Mädchen werden gezwungen, den Unterricht zu verlassen. Im Juni 2013 wurden bei einem Sprengstoffanschlag auf einen Bus in der Stadt Qetta im Westen Pakistans 14 Studentinnen getötet und etwa 20 weitere junge Frauen verletzt. Der Bus kam aus der einzigen reinen Frauenuniversität des Landes.

Reale Fiktion

Die Protagonistin Jiya erinnert an Malala, eine 16-jährige pakistanische Aktivistin, die sich für die Bildung von Mädchen in ihrem Land einsetzt. Ihr Engagement als Bloggerin gegen die Missstände in dem damals noch von den Taliban kontrollierten Swat-Tal provozierte die Taliban so sehr, dass sie dem Mädchen am 9. Oktober 2012 in Kopf und Nacken schossen. Malala überlebte und durfte am 12. Juli 2013, an ihrem sechzehnten Geburtstag, vor der Jugendversammlung der Vereinten Nationen in New York sprechen.

Der 40-jährige Haroon Rashid sagt, er hätte erst nach der Erfindung der Serie von Malala erfahren: „Die Kunst wurde von der Realität überholt.“ Jiya sei eine Comic-Heldin, Malala eine des wahren Lebens.

LAURA HOFMANN