Eine schwere Schlappe für die Regierung in Dublin

IRLAND In einem Referendum stimmt die Mehrheit überraschend für die Beibehaltung des Senats

AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK

Die Iren haben ihrer Regierung eine Abfuhr erteilt. In einem Referendum stimmten sie am Freitag überraschend gegen die Abschaffung des Senats, der zweiten Parlamentskammer. Umfragen kurz vor dem Volksentscheid hatten darauf hingedeutet, dass die rechte Koalition aus Fine Gael und Labour ihren Willen bekommen würde. Am Ende war es knapp: 48,2 Prozent stimmten für die Abschaffung, 51,8 Prozent dagegen. Nicht mal 40 Prozent beteiligten sich am Referendum.

Das Ergebnis ist eine schwere Schlappe für Premierminister Enda Kenny. Die Abschaffung des „Seanad Éireann“ war das Kernstück seiner politischen Reformen. „Natürlich bin ich persönlich enttäuscht, aber ich respektiere das Ergebnis“, sagte der Regierungschef am Samstag. Er wolle nun überlegen, wie man den Senat reformieren könne, damit er „einen effektiven Beitrag“ zum politischen System leisten könne.

Die Niederlage untergräbt seine politische Autorität. Sein Sparargument hat nicht gezogen. Bis zu 20 Millionen Euro im Jahr wollte er durch die Abschaffung des Senats einsparen – eine Summe, die im Vergleich zu den Milliarden, die unter anderem aus den bereits zuvor maroden Gesundheits- und Bildungsbereichen abgezogen wurde, lächerlich erscheint. Nächste Woche muss die Regierung weitere von der Troika aufoktroyierte Sparmaßnahmen von rund 3 Milliarden Euro verkünden.

Ein Wachhund, die nie bellt

Für den Juniorpartner in der Regierung, die Labour Party, ist die Niederlage verschmerzbar. Sie hat zurzeit ganz andere Sorgen. Ihre eigene Klientel hat sich von ihr abgewandt, weil sie reihenweise Wahlversprechen gebrochen hat. Wenn heute Wahlen stattfänden, käme Labour laut Umfragen auf 4 Prozent.

Der EU-Abgeordnete der Sozialistischen Partei, Paul Murphy, der für ein Ja eingetreten war, sagte: „Das Ergebnis belegt das tiefe Misstrauen gegen die Regierung und illustriert, dass die Menschen den Wunsch haben, das Pro-Austeritäts-Establishment zu kontrollieren und zu bremsen. Es ist sicherlich keine Billigung des elitären und undemokratischen Senats.“

Die 60 Senatoren werden von Kollegien aus Politikern und Wissenschaftlern bestimmt. Sie gelten als ein „Wachhund, der niemals bellt“. Ihr einziges Machtmittel besteht darin, Gesetzesvorlagen des Abgeordnetenhauses 90 Tage lang hinauszuzögern. Davon hat der Senat in den 75 Jahren seiner Existenz lediglich zweimal Gebrauch gemacht.