Kanzleramts-Klaeden unter Beschuss

LOBBYISMUS Staatsminister sah Vorlagen zu CO2-Ausstoß von Autos kurz vor seinem Wechsel zu Daimler. Verkehrsclub wittert ungebührliche Einflussnahme „in entscheidender Phase der Brüsseler Beratungen“

BERLIN afp | Der scheidende Staatsminister im Bundeskanzleramt und künftige Autolobbyist Eckart von Klaeden (CDU) hatte während seiner Amtszeit Einsicht in Regierungsunterlagen über die Schadstoffemission bei Kraftfahrzeugen. Drei entsprechende Vermerke an die Hausleitung seien von Klaeden als Kopien zugeleitet worden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Er bestätigte damit einen Bericht der Frankfurter Rundschau, nach dem von Klaeden die Kopien zwischen Januar und Mai des Jahres erhalten hatte – also relativ kurz vor seinem letzten Arbeitstag im Kanzleramt.

Seibert zufolge hat von Klaeden zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf Entscheidungen genommen, die die Automobilindustrie betreffen. Nach seiner Entscheidung, als Cheflobbyist zu Daimler zu wechseln, habe von Klaeden angeordnet, keine Unterlagen aus dem Automobilbereich mehr zu erhalten. Der Verkehrsclub Deutschland bezeichnete den Vorgang als skandalös. „Eckart von Klaeden war in der entscheidenden Phase der Brüsseler Beratungen über die CO2-Regulierung informiert“, sagte der verkehrspolitische Sprecher des Vereins, Gerd Lottsiepen.

Von Klaedens Wechsel zu Daimler zum Jahresende war im Mai bekannt geworden. Die Opposition hatte damals kritisiert, es bestehe die Gefahr, dass der künftige Autolobbyist im Sinne der Industrie Entscheidungen beeinflussen könnte.Von Klaeden hatte sich bereits von Amts wegen mehrfach mit Vertretern des schwäbischen Autokonzerns getroffen. Die Bundesregierung verteidigte damals den Wechsel. Gegen ihn wurde aber Strafanzeige von unbekannt wegen Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung erstattet.

Die Bundesregierung hat in Brüssel lange scharfe CO2-Vorgaben im Sinne von Daimler blockiert. Inzwischen liegt ein Kompromissvorschlag vor, der im Europäischen Parlament auf vorsichtige Zustimmung trifft. „Es ist ein gangbarer Weg, den man prüfen sollte“, sagte der Chef des Umweltausschusses, Matthias Groote (SPD).

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