Gericht verhindert die Flucht vor Folter

Oberlandesgericht begründet die Auslieferungshaft eines Kurden mit Fluchtgefahr wegen drohender Folter

FREIBURG taz ■ Ein Kurde sitzt in deutscher Auslieferungshaft, damit er sich drohender Folter und rechtswidriger Haft in der Türkei nicht entziehen kann. Mit dieser zynischen Begründung hat das Frankfurter Oberlandesgericht am 23. Mai die Auslieferungshaft gegen Yusuf Karaca gerechtfertigt. Pro Asyl machte den Fall jetzt publik und spricht von einer „skandalösen Gerichtsentscheidung“.

Yusuf Karaca war 1996 in der Türkei zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er soll Mitglied in der terroristischen Vereinigung TKP/ML gewesen sein und verschiedene Einzeldelikte begangen haben. Als er 2002 wegen seines schlechten Gesundheitszustandes zeitweilig aus der Haft entlassen wurde, nutzte er dies zur Flucht nach Deutschland.

In Deutschland wurde Karaca umgehend als politischer Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt. Das Verfahren vor dem türkischen Staatssicherheitsgericht habe gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen, hieß es.

Karaca betonte, dass er die ihm zur Last gelegten Taten – unter anderem einen Bankraub – nicht begangen habe, sein vermeintliches Geständnis sei durch Folter zustande gekommen. Das Verwaltungsgericht Frankfurt bestätigte im September 2005 die Asylanerkennung.

Nun verlangt die Türkei von Deutschland die Auslieferung Karacas, um die lebenslange Haft weiter vollstrecken zu können. Eigentlich erscheint die Auslieferung von vornherein unmöglich, weil Karaca ja genau wegen dieses türkischen Urteils in Deutschland als politisch Verfolgter anerkannt ist. Dennoch sitzt er seit Anfang Mai in Weiterstadt in Auslieferungshaft. Dass Karaca in der Türkei gefoltert wurde und weitere Folter befürchtet, wird von den Frankfurter Richtern nun sogar gegen ihn verwendet. Es bestehe offensichtlich ein „Anreiz zur Flucht“.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt offenbare „unglaubliche Gleichgültigkeit gegenüber Folteropfern“, erklärte Marei Pelzer von Pro Asyl. Pro Asyl bereitet bereits eine Verfassungsbeschwerde vor für den Fall, dass Karaca tatsächlich an die Türkei ausgeliefert werden soll.

Etwa in zwei Monaten wird das OLG Frankfurt entscheiden, ob die Auslieferung Karacas in die Türkei zulässig ist. Wenn die Richter grünes Licht geben, liegt es an Justizministerin Brigitte Zypries (SPD), ob sie die Auslieferung bewilligt. CHRISTIAN RATH