So klappt’s auch …

… mit den guten Vorsätzen

VON STEFFI DOBMEIER
(TEXT) UND ELÉONORE ROEDEL (ILLUSTRATION)

Wenn das Leben ein Wunschkonzert wäre, dann würde ich mir wünschen, mehr Sport zu machen. Ich würde mir wünschen, nicht mehr so ungeduldig zu sein, manchmal erst zu denken und dann zu reden, meine Tage besser zu strukturieren und sinnloses Im-Netz-Surfen und Zeitvertun zu lassen, um effektiver zu sein. Wenn das Leben ein Wunschkonzert wäre, wäre das alles recht einfach. Isses aber nicht.

Für diesen Zweck gibt es gute Vorsätze. Solche, die man laut ausspricht, wenn das Jahr zu Ende geht und man denkt, das nächste würde ganz anders. Man sagt sie laut, damit sie jeder hört und der soziale Druck steigt, auch zu tun, was man da verkündet. Jedes Jahr wieder.

Keine Zigaretten mehr. Weniger Alkohol. Mehr Zeit für die Kinder und für Freunde. Weniger Überstunden. Und im Februar will man sich dann am besten gar nicht mehr dran erinnern. Zu schmerzhaft die Erkenntnis, dass nichts daraus geworden ist. Die Erkenntnis, dass es nicht reicht, nur fest daran zu glauben, dass man etwas ändern will.

Ich rauche seit Jahren nicht mehr, trinke kaum Alkohol, weil es mir nicht schmeckt, ich habe noch keine Kinder, für die ich mehr Zeit bräuchte, meine Work-Life-Balance ist ziemlich gut – nur das mit dem regelmäßigen Sport, das ist ein Problem. Das soll sich nun ändern, ich wünsche es mir sehr. Neujahr kommt mir da gerade recht.

„Man geht nicht regelmäßiger zum Sport, nur weil man es sich wünscht“, sagt Steffen Kirchner. „Man kommt auch nicht im Job weiter, wenn man es sich jeden Morgen laut vor dem Spiegel vorsagt.“ Kirchner ist 32 und Motivationstrainer in München. Er nennt das Wünsch-dir-was „Wellness-Esoterik“ – und er mag sie nicht. Diese Autoren, die schreiben, man könne alles erreichen, wenn man es nur wolle. Von harter Arbeit und von Tritten in den eigenen Hintern steht da meistens nichts. Kirchner arbeitet vor allem mit Hochleistungssportlern zusammen, er hat die deutsche Turn-Nationalmannschaft um Fabian Hambüchen und Marcel Nguyen bei den Olympischen Spielen in London begleitet. Er weiß, wie es geht, wenn man etwas will – und vor allem: was dafür zu tun ist. Ich merke schnell: Eine Menge. „Es ist Arbeit“, sagt er. „Sie werden Willensstärke brauchen.“ Zwischen dem guten Vorsatz und dem veränderten Leben liegt erstmal die Entscheidung. „Man muss die Veränderung wirklich wollen“, sagt der mental coach. „Und am besten für sich selbst, nicht für den Freund, die Mutter oder weil man denkt, das müsste so sein.“

Nun gut, ich entscheide mich: Ich will regelmäßiger Sport machen. Weil ich zu wenig Kondition habe, mein Körpergefühl besser werden soll und mir der Rücken manchmal weh tut. „Sie müssen Ihre Rituale und Gewohnheiten ändern“, sagt Steffen Kirchner. „Viele Menschen wollen etwas haben oder erreichen – aber nichts dafür tun.“

Für mich bedeutet das: Nicht mehr abends auf das Sofa, sondern mit der Sporttasche ins Fitnessstudio. Nicht mehr morgens eine Stunde im Internet vertrödeln und dann mit dem Auto ins Büro fahren, weil die Zeit knapp geworden ist, sondern gleich aufs Rad steigen. Jeden Tag ein kleiner, bewusster Schritt. Das sagt auch der Experte.

Und wenn es nicht klappt? Wenn ich mich mit einer Ausrede nach der nächsten selbst belüge und doch auf dem Sofa sitzen bleibe? „Dann fangen Sie eben wieder von vorne an“, sagt Kirchner. „Das Leben geht in Wellen, die Menschen sind nicht immer gleich motiviert, es gibt Tage, an denen man sich ablenken lässt, alles ganz normal.“ Nicht schlimm, nur nicht aufgeben. „Wenn ich mit dem Auto von München nach Hamburg fahren will und es eine Umleitung gibt, dann steige ich ja auch nicht aus den Auto aus, heule und bleibe auf dem Seitenstreifen sitzen. Dann fahre ich den Umweg, bis ich da bin, wo ich hin will.“

Es gibt da diese zwei Regeln, sie sind wissenschaftlich belegt. Die eine ist die 21-Mal-Regel: Man muss Dinge 21-mal wiederholen, dann werden sie zur Gewohnheit. Die andere ist die 72-Stunden-Regel. Sie besagt, dass man den ersten Schritt eines geplanten Vorhabens innerhalb von 72 Stunden machen muss. Wenn nicht, dann wird man sein Ziel in über 90 Prozent der Fälle nicht erreichen.

Wenn ich mir also vornehme, öfter zum Sport zu gehen, dann muss ich zehn Wochen durchhalten, bis ich es von ganz alleine machen will. Und weil ich nur 72 Stunden habe, bevor die Motivation wieder verfliegt, fange ich am besten gleich an.