WOLFGANG MULKE ÜBER DIE HOHEN DISPOZINSEN DER DEUTSCHEN BANKEN
: Wir nennen es Wucher

Die Preispolitik der Banken beim Dispokredit grenzt an Wucher. Darunter versteht das Bürgerliche Gesetzbuch „sittenwidrige Geschäfte“, in denen die Zwangslage, die Unerfahrenheit, ein Mangel an Urteilsvermögen des Vertragspartners ausgenutzt werden. Für viele Bankkunden trifft das zu: Der eine braucht gerade einmal dringend kurzzeitig Geld und kann es sich nicht anders beschaffen. Der Nächste ist sich über die Kosten, die mit der Überziehung seines Girokontos verbunden sind, gar nicht im Klaren. Der Dritte scheitert schon beim Versuch, die Geschäftsbedingungen zu verstehen.

Mag sein, dass Gerichte dieser Argumentation kaum folgen würden. Denn es gibt schließlich Wettbewerb – und jeder kann sich im Prinzip eine billigere Bank suchen. In der Praxis aber sind viele Verbraucher damit oft überfordert.

Sechs oder sieben Prozent Aufschlag auf die eigenen Kosten wären schon ein ansehnlicher Gewinn. Die heute oft zweistellige Differenz, welche die Banken verlangen, ist maßlos. Mit ihren überaus hohen Zinsmargen stopfen die Unternehmen die Löcher, die ihnen durch die Finanzkrise entstanden sind. So bitten sie die Verbraucher, die als Steuerzahler bereits für die mannigfaltigen Stützungsaktionen aufkommen, nochmals für die Folgen der Krise zur Kasse: Das ist dreist und Grund genug, die Zinsmargen für den Dispokredit und für Überziehungen gesetzlich zu begrenzen.

Banken, Sparkassen und Raiffeisenbanken haben den kritischen Punkt insgesamt überschritten. Deshalb wäre jetzt ein Gesetz gegen ihre landesweite Abzocke geboten. Politiker, die das Gebaren der Banken jetzt an den Pranger stellen, sollten allerdings vorsichtig sein. Schließlich bestimmen viele von ihnen in den Städten und Gemeinden die Geschäftspolitik ihrer Sparkassen mit.

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