Griechen mit Bums

KRISE Erstmals seit vier Jahren sammelt das hochverschuldete Land Milliarden am Kapitalmarkt , gleichzeitig explodiert eine Bombe in Athen. Die Bundesbank ist skeptisch

„Wir müssen sehen, wie nachhaltig das ist“

JENS WEIDMANN, BUNDESBANK-PRÄSIDENT ÜBER DIE GRIECHISCHE ANLEIHE

VON KAI SCHÖNEBERG

BERLIN rtr/taz | Mit einem Riesenbums ist Griechenland am Donnerstag in eine neue Ära der Schuldenkrise gestartet: Am frühen Morgen detonierte eine 70 Kilogramm schwere Bombe vor einem Gebäude der Zentralbank in der Athener Innenstadt. Bereits am Mittag war klar, dass dem hoch verschuldeten Land der erste Schritt zur Unabhängigkeit von internationalen Geldgebern geglückt war.

Da hatte Griechenland erstmals seit der Beinahe-Pleite vor vier Jahren wieder eine Anleihe am Kapitalmarkt platziert. Investoren haben offenbar wieder Vertrauen in die Kreditwürdigkeit des Landes: Die Staatsanleihen mit fünf Jahren Laufzeit für 3 Milliarden Euro waren nicht nur schnell vergriffen. Die Anleger rissen sich sogar um das mit einem Zins von 4,75 Prozent ausgestattete Papier: Athen hätte Anleihen im Wert von 20 Milliarden Euro verkaufen können. Finanzminister Yannis Stournaras sprach von einem „riesigen Erfolg“. Auch EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia bejubelte die „extrem guten Nachrichten“.

Mit der ersten Anleihe seit Beginn der Schuldenkrise 2010 wollte Athen das Interesse der Anleger testen, bevor es sich wieder vollständig über den Markt refinanziert. Derzeit wird Griechenland mit zwei internationalen Kreditpaketen in Höhe von insgesamt 240 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann äußerste sich skeptisch: „Wir müssen sehen, wie weit dies die Finanzierungsbedingungen für Griechenland berührt und wie nachhaltig das ist“, sagte er dem TV-Sender CNBC. „Der Staatsanleihenkauf durch vornehmlich Hedgefonds ist ein Beleg dafür, dass die Finanzinvestoren die politischen Tricksereien bei der Eurorettung durchschauen und darauf spekulieren, dass im Notfall wieder andere die Zeche zahlen“, sagte Lutz Goebel, Chef des Lobbyverbands Familienunternehmen.

Die Anleger schlugen auch zu, weil Papiere wie eine fünfjährige deutsche Bundesanleihe derzeit nur eine Rendite von rund 0,6 Prozent abwerfen. Auch die Papiere vieler Schwellenländer sind wegen Währungsturbulenzen unattraktiv geworden. Einige Euro-Krisenländer gewinnen daher an Anziehungskraft – zumal sich die Konjunktur vielerorts belebt. So sank die Zahl der Arbeitslosen in Griechenland im Februar auf 26,7 Prozent – der niedrigste Stand seit einem Jahr. In diesem Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt erstmals seit sechs Jahren wieder wachsen, wenn auch nur um magere 0,6 Prozent, wie die EU-Kommission prophezeit.

Die Bombe verletzte niemand, es gab leichte Sachschäden. Die Polizei vermutete Linksautonome als Täter – und verstärkte ihre Präsenz. Am heutigen Freitag kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Athen.