BIKINI-HAUS
: Konserviert

Wie die Grinse-Katze in „Alice im Wunderland“ sah er aus

Harald Juhnke ist weg. Früher hing an der letzten Säule des Bikini-Hauses vor dem Zoopalast eine Vitrine, auf der ein teuflisch grinsender Juhnke über einem Teller mit chinesischem Essen thronte und so für ein China-Restaurant gegenüber im Schimmelpfeng-Haus warb – auch dann noch, als der Schauspieler sich in die ewigen Jagdgründe gesoffen hatte.

Wie die Grinse-Katze in „Alice im Wunderland“ sah er aus, und dieses Lächeln konnte einem schon unter die Haut gehen, wenn man ihm zu später Stunde unvorbereitet gegenüberstand. Nun ist die Vitrine weg, genauso wie das beworbene China-Restaurant samt Schimmelpfeng-Haus, das dem neuen „Zoo-Fenster“ weichen musste.

Bloß bei Google Street View ist noch alles beim Alten. 2011 entschied Google bekanntlich, das deutsche Volk für Hunderttausende von Anträgen auf Fassadenvepixelung zu strafen und fortan seine Kamerawagen nicht mehr durch die Bundesrepublik fahren zu lassen. Die meisten Bilder bei Google Street View sind daher von circa 2008. Wer sich die Ecke am Zoo bei Google ansieht, muss feststellen, dass sie damals etwas grottiger aussah. Im Bikini-Haus stellten Wohltaths Buchladen und andere den Bürgersteig voll mit Sonderangeboten. Der unrenovierte Zoopalast gammelte gegenüber einer unrenovierten Gedächtniskirche vor sich hin. Und das Schimmelpfeng-Hans warf seinen düsteren Schatten über die ganze verranzte Gegend.

Man erwartet fast, dass gleich Christiane F. aus dem Bahnhof Zoo kommt. Oder sich eine Metalltür öffnet, durch die man hinunter ins Linientreu steigen kann. Um später noch einmal vor dem grausigen Lächeln von Harald Juhnke zu erschrecken, das Google Street View nun so langfristig konserviert hat wie das Wissenschaftliche Zentrum Russlands die Leiche Lenins im Moskauer Mausoleum.

TILMAN BAUMGÄRTEL