Dreisprachig rumhängen

Vom Okzident in den Orient (4): In Belgrad spendiert mir mein lokaler Kumpel Dragan die erste Dusche der Reise

Die Nacht vor Belgrad konnten wir kaum schlafen, hatten wir doch anhand einschlägiger Informationen Ärger und Bestechungsgelder an der Grenze eingeplant. Offiziell muss jeder Einreisende alles, was mehr als 100 Euro wert ist, deklarieren. Worauf wir natürlich keine Lust hatten – auch wenn es nur um vier Mobiltelefone, zwei Laptops, ein Motorrad, ein Mountainbike, einen Kühlschrank, eine kleine und eine Profi-DV-Kamera und unsere gut versteckten Ultraschallgeräte ging. Die serbischen Grenzer schauten kurz in unsere Karre. Den Abwasch nach dem üppigen Fastenbrechen-Abendmahl hatten wir extra noch nicht gemacht – um Grenzer vom Durchwühlen unseres rollenden Heims abzuschrecken.

Wieder einmal klappte der problemlose Grenzübertritt, doch der serbische Staat sollte uns später noch genug abzocken. Und zwar nicht an den Zoll-, sondern an den Maut-Stationen, die für unsere Durchfahrt über 100 Euro berechnen sollten. In Belgrad angekommen, musste unser Auspuff repariert werden. Nachdem wir ein paar Werkstätten vergeblich angelaufen hatten (alle zu teuer), beschloss der Reisechef zu einem ihm bekannten Muslim außerhalb der Stadt zu fahren, der das Problem dann mit seiner Arab-Clique ganz im islamischen Sinne – und für Chef gratis – behob.

Unterdessen traf ich meinen lokalen Kumpel Dragan, der mir nachmittags mit seinen Freunden erst Bier, dann was zu rauchen und dann einen leckeren Schweinefleischburger (Pljeskavica) verabreichte. Dreisprachige, studierte junge Männer hängen in der Retortenstadt Neu-Belgrad auf den Plätzen ihrer Blocks rum und schauen Sinti und Roma beim Papier- und Müllsammeln in verwilderten Grünflächen zwischen den Häuserschluchten zu. „Egal, wie ich mich anstrenge, ich finde keinen Job, ich habe Tourismusmanagement studiert, jetzt ist Montenegro und unser letztes Stück Küste weg, und nach Kroatien trau ich mich nicht.“ Erschütternde Worte, in fließendem Deutsch natürlich. Die anderen hatten ähnliche Schicksale, keiner einen Job, aber alle waren höher qualifiziert als für die 300 Euro Mindestlohn.

Als wir in die Altstadt gingen, blühten die jungen Männer allesamt auf, denn es ging darum, mir die Sammlung der in diversen Kriegen erbeuteten Panzer fremder Armeen zu zeigen. Dann tranken wir noch mehr Bier, das wir in kleinen Buden voller Schweinefleischprodukte und anderem Alkohol kauften. Außerhalb unseres Busses war in Serbien nämlich kein Ramadan! Ich machte bei all den verbotenen Sachen nur mit, weil ich von Dragan ein Gästebett und meine erste Dusche seit Deutschland versprochen bekommen hatte. Mit Fahne hätte ich mich nie zu unserem Parkplatzcamp vors Hyatt-Hotel getraut.

Am nächsten Nachmittag, nachdem unser Motorradvergaser noch gegen eine Cola-Einladung repariert worden war, starteten wir gen Bulgarien. CARETTA VAN BANGO