Wegen einer Sexaffäre soll Silvio Berlusconi vor Gericht

ITALIEN Mailands Staatsanwälte beantragen ein Schnellverfahren gegen den Regierungschef

Eine Richterin hat mindestens fünf Tage Zeit, um über eine Anklage zu entscheiden

MAILAND dpa/rtr/dapd/taz | Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi soll sich in der Sexaffäre um die junge Marokkanerin Ruby vor Gericht verantworten. Die Mailänder Staatsanwälte haben am Mittwoch ein Schnellverfahren gegen Berlusconi beantragt. Sie wollen den 74-jährigen Regierungschef sofort wegen des Vorwurfs vor Gericht stellen, für Sex mit einer 17-Jährigen bezahlt zu haben und dann seinen Einfluss dazu genutzt zu haben, die Affäre zu vertuschen. Eine Mailänder Richterin hat mindestens fünf Tage Zeit, um über einen Prozess gegen den 74-Jährigen zu entscheiden. Dazu ist aber auch die Zustimmung des Parlaments erforderlich. Bei einer Verurteilung drohen Berlusconi bis zu 15 Jahre Haft.

Die Staatsanwaltschaft kann sofort Anklage erheben, wenn sie glaubt, ausreichend Beweismaterial zu besitzen. Das sonst übliche Vorverfahren entfällt dann.

Berlusconi soll die damals 17-jährige marokkanische Nachtklubtänzerin Karima El Mahroug, genannt Ruby, im Mai vergangenen Jahren persönlich vor dem Gefängnis bewahrt haben. Sie war wegen mutmaßlichen Diebstahls festgenommen worden. Berlusconi hat eingeräumt, in der Nacht bei einem hochrangigen Beamten der Mailänder Polizei angerufen zu haben, um das Mädchen aus dem Polizeigewahrsam freizubekommen. Die junge Ruby hatte nach den Ermittlungen zusammen mit anderen bezahlten jungen Frauen bei Partys in Berlusconis Villa Arcore bei Mailand mitgemacht.

Berlusconi weist alle Vorwürfe zurück. Er nannte die Vorwürfe widerlich und gegenstandslos und sprach von einem Versuch, seiner Regierung zu schaden. Seine Anwälte halten den Vorstoß der Anklage sogar für verfassungswidrig. Der Fall sollte ihrer Ansicht nach nicht in Mailand, sondern vor einem Sondergericht verhandelt werden, das eigens für mutmaßliche Vergehen von Amtsträgern geschaffen wurde. Die Staatsanwaltschaft hält dagegen, nach ihrer Einschätzung sei der Gesetzesverstoß von Berlusconi nicht während der Ausübung seiner Amtspflichten begangen worden. Das Parlament hatte mit Berlusconis derzeit knapper Mehrheit bereits Durchsuchungen bei dem „Kassenwart“ des Regierungschefs abgelehnt, die von Mailand aus beantragt worden waren.