EU will gemeinsame Rüstungsprojekte fördern

■ Das Europaparlament beschloß gestern, daß die Förderung militärischer Ausrüstung künftig zu den gemeinsamen Aufgaben der Europäischen Union zählt

Brüssel (taz) – Vor zwei Jahren lehnte es das Europaparlament noch ab, EU-Gelder für Rüstung auszugeben. Doch gestern entschieden die Europaparlamentarier mit großer Mehrheit, daß die europäische Außenpolitik „mit allen zu ihrer Durchsetzung erforderlichen Instrumenten“ ausgestattet wird, „einschließlich der militärischen Mittel als Teil einer Politik im Dienste der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“.

Was da so wolkig umschrieben wird, bedeutet nicht weniger, als daß die Industriepolitik der EU sich künftig auch auf den Rüstungssektor ausdehnen soll. Die Grünen sowie große Teile der deutschen Sozialdemokraten stimmten gegen diesen Einstieg in die Rüstungsförderung, doch die europäischen Sozialdemokraten zeigten sich gespalten. Vor allem die britischen Labour-Abgeordneten votierten gemeinsam mit den allermeisten konservativen Parlamentariern dafür.

Der Beschluß schafft die Voraussetzung, daß im nächsten EU- Haushalt auch Geld für Rüstungsprojekte bereitgestellt werden. Treibende Kraft war der britische Labour-Abgeordnete Gary Titley, in dessen Heimatwahlkreis sich die britische Rüstungsindustrie konzentriert. Die Waffenschmieden, die unter den Einsparungen in den nationalen Verteidigungshaushalten leiden, schielen seit langem auf den EU-Haushalt und haben in Titley einen eifrigen Anwalt ihrer Interessen gefunden.

Schon der vor zwei Jahren abgelehnte Antrag auf Entwicklungsförderung des Future Large Airkraft, eines gemeinsamen Transportflugzeuges, kam aus der Feder von Titley. Bei seinem zweiten Anlauf verzichtete er nun darauf, gleich ein konkretes Förderprojekt vorzuschlagen. Statt dessen legte er dem Europaparlament nur einen Entwurf vor, der die grundsätzliche Bereitschaft zur Rüstungsförderung festschreibt, weil die Abgeordneten damit weniger Probleme haben. Bei künftigen Haushaltsberatungen werden dann die konkreten Projekte auf den Tisch kommen. Der grüne Europaabgeordnete Wilfried Telkämper warnte vor einem fundamentalen Wandel der EU von einer zivilen Wirtschaftsgemeinschaft „zu einer politischen Macht mit Hegemonialanspruch“. Auch die SPD-Abgeordnete im Europaparlament, Christa Randzio-Plath, kritisierte die Entscheidung als falsches Signal. Der Beschluß komme zum falschen Zeitpunkt, erst müsse ein Konzept für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik vorliegen, dann könne man frühestens darüber nachdenken, wie ein Konzept zur gemeinsamen EU-Rüstungsförderung aussehen könnte. Alois Berger