Schmierentheater um Flüchtlingsunterkünfte

ÖSTERREICH Erstaufnahmezentrum Traiskirchen wegen Überfüllung dicht. Noch fehlen Alternativen

Statt der vorgesehenen 480 Flüchtlinge sind in Traiskirchen 1.400 untergebracht

AUS WIEN RALF LEONHARD

Flüchtlinge vor verschlossenen Toren. Das wollen Politik und karitative Organisationen in Österreich verhindern. Doch ein grotesker Streit zwischen Bund und Ländern sowie zwischen Ministerien wird auf dem Rücken von Asylsuchenden ausgetragen.

Von „Asylnotstand“ im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, südlich von Wien, ist schon längere Zeit die Rede. Statt der vorgesehenen 480 Flüchtlinge sind derzeit 1.400 dort untergebracht. Täglich werden durchschnittlich 70 neue Asylanträge gestellt. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) zog am Dienstag die Notbremse und verhängte einen Aufnahmestopp: aus „humanitären“ Erwägungen. Er sieht die anderen Bundesländer in der Pflicht, die ihre Quote nicht erfüllen.

In einer Vereinbarung mit dem Innenministerium haben sich die neun Bundesländer 2005 verpflichtet, entsprechend ihrer Größe einen bestimmten Anteil der Flüchtlinge unterzubringen. Nur Wien, Niederösterreich und das Burgenland erfüllen diese Quote. Ein Argument lautet, es sei schwierig, die Asylsuchenden angemessen unterzubringen. Meist müssen Privatquartiere angemietet werden, was mit einem Betreuungsgeld von 19 Euro pro Person und Tag fast unmöglich ist.

Innenministerin Johanne Mikl-Leitner (ÖVP) forderte daher Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) auf, leerstehende Kasernen zur Verfügung zu stellen. Dieser konterte, die Kasernen stünden zum Verkauf. Denn das knappe Wehrbudget erlaube kaum die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und der Katastrophenbereitschaft. Erlöse aus dem Immobilienverkauf seien schon einkalkuliert.

Einen leerstehenden Flügel der Kaserne Ebelsberg bei Linz für Flüchtlinge zu öffnen, hielt Klug zunächst für keine gute Idee. Denn viele der Asylwerber seien vor Militärs geflohen und daher in unmittelbarer Nähe von Uniformierten nicht gut aufgehoben. Zuletzt lenkte er aber ein und meinte, „Wenn es zu einer strikten Trennung vom militärischen Dienstbetrieb“ komme, könnten 75 bis 100 Menschen dort Quartier finden.

Eine Situation wie vor zehn Jahren, als Traiskirchen schon einmal geschlossen wurde und Familien bei Minusgraden auf der Straße standen, soll vermieden werden. Schlimmstenfalls solle das Rote Kreuz Zelte aufstellen, meinte die Innenministerin.

Caritas-Präsident Michael Landau findet die Debatte unerträglich und rief die Politik auf, „das politische Sommertheater“ nicht auf dem Rücken von Asylwerbern auszutragen. Profiteur des Zwists ist die rechte FPÖ, die Verschärfungen des Asylrechts fordert und in Umfragen vor den Regierungsparteien liegt.