Jede Fusion drückt die Gewinne der Anbieter

Mit der Fusion drängt TUI auf den lukrativen Markt für Spezialreisen. Kleinere Anbieter geraten unter Druck

Der Markt differenziert sich – nicht durch Akteure vor Ort, sondern unter dem Dach der TUI

BERLIN taz ■ Die Situation im internationalen Tourismus hat sich in den letzten Jahren gewaltig verändert. Wer groß ist, hat das Sagen, und groß sind vor allem fusionierte Anbieter. Der Versuch, mit Preisdumping die Konkurrenz auszuschalten, ist im Tourismus an der Tagesordnung. Die niedrigen Preise aber gehen vor allem auf Kosten der bereisten Länder und Regionen – von Kärnten bis Bali.

Vor Ort werden Hotelkontingente zu immer niedrigeren Preisen eingekauft, denn die Hoteliers sind abhängig vom Vertriebssystem der großen Veranstalter. Je konzentrierter die Marktmacht, desto geringer ist der Spielraum der Hoteliers und Veranstalter bei Verhandlungen mit den Managern der Reisegiganten. Sie stellen die Bedingungen und diktieren die Preise.

Nachdem der direkte TUI-Konkurrent Thomas Cook im Februar die Übernahme des britischen Anbieters MyTravel angekündigt hatte, zieht TUI durch den Zusammenschluss mit First Choice nun nach. Vor allem Flugfernreisen sollen künftig für First Choice eine noch größere Rolle spielen als bisher. Das Unternehmen hatte kürzlich Pläne zur Anschaffung von 23 Boeing-787-Dreamliner-Jets bekannt gegeben. Bislang verfügt die hauseigene Charterairline über 32 Maschinen. Von 15 britischen Flughäfen werden pro Jahr 30.000 Flüge zu 60 Zielen weltweit angeboten.

Unberührt von der Diskussion um den durch CO2-Ausstoß verursachten Klimawandel, setzt die TUI konsequent auf den Massentourismus. Doch nicht nur beim Fliegen zeigt sich, dass die Diskussion um Nachhaltigkeit im Tourismus an den Chefetagen spurlos vorbei gegangen ist. Reisekonzerne, besonders die TUI, hängen sich gern ein grünes Mäntelchen um – solange das die Rendite nicht schmälert. First Choice Holidays sieht seine Stärke im breit gefächerten Angebot. Die bisherige Nummer vier des europäischen Reisegeschäfts zeichnet sich durch ein großes Angebot an Bausteinreisen und auf Nischenmärkten aus. Dazu gehören exklusive Spezialreisen, Zielgruppenreisen und Aktivurlaub. Damit gewinnt die TUI ein lukratives Zusatzsegment, das mit kleineren Nischenveranstaltern aus der sanft-touristischen Ecke konkurriert.

Die sehen sich einem Tourismus verpflichtet, der Teil einer angepassten regionalen, ökonomischen und sozialen Infrastruktur ist. Und das ist mehr als Produktentwicklung und Schaffung von Arbeitsplätzen, wie es mit dem industriellen Reiseprodukt geschieht. Diesem fehlt in der Regel jedwede partizipatorische Entwicklungskultur.

Doch auch auf diesem Nischenmarkt kann die TUI kleinere Veranstalter locker unterbieten. Der Markt differenziert sich – nicht durch Akteure vor Ort und regionale Entwicklung, sondern unter dem Dach der TUI. EDITH KRESTA