„Eine andere Welt mit ganz eigenen Regeln“

Ein Gespräch mit der Militärseelsorgerin der Bundeswehrkaserne Rendsburg über Ethik in der Bundeswehr

GERTRUD SCHÄFER, 49, ist evangelische Standortpfarrerin und zuständig für die Standorte Krummenort/Basis HOHN und Rendsburg, zugehörig zum Dekanat Kiel.

taz: Frau Schäfer, ist die aktuell bekannt gewordene Entgleisung eines Ausbilders Thema in der Kaserne?

Gertrud Schäfer: Natürlich. Aber es ist ja auch bekannt, dass der Fall verfolgt wird. Diese Geschichte ist ein Einzelfall, er entspricht absolut nicht dem Stil der Grundausbildung.

Zurzeit werden häufig derartige Fälle bekannt – weil sie sich häufen, oder weil die Leute sensibler reagieren?

Insgesamt reagiert die Bevölkerung ja sensibel auf alles, was bei der Bundeswehr geschieht, gerade jetzt im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen. Und innerhalb der Bundeswehr sind Fragen nach der Ethik und der inneren Führung immer wichtige Themen. Wenn derartige Fälle innerhalb der Bundeswehr bekannt und aufgeklärt werden, ist das in Ordnung. Es gibt ja ein inneres Leitbild, in dem die Menschenwürde ganz oben steht. Dies ist auch ständiger Lehrstoff bei der Ausbildung wie auch in der Arbeit der Militärseelsorge.

Was ist Ihre Aufgabe bei diesem Versuch einer ethischen Unterweisung?

Wir geben lebenskundlichen Unterricht für alle Dienstgrade, der überkonfessionell und verpflichtend für die Soldaten ist. Dabei geht es gerade um die Fragen nach dem Umgang mit Menschen: Wie tritt man anderen Völkern gegenüber, wie geht man mit anderen Kulturen um?

Als Seelsorgerin beraten Sie auch Rekruten im Einzelgespräch. Was sind da die Sorgen?

Es geht um alle Fragen des Lebens und des Todes, um Privates und Berufliches. Natürlich fragen sich viele Neue auch, ob sie am richtigen Platz sind – das ist ja ganz normal, wenn man in eine andere Welt mit eigenen Regeln eintritt. INTERVIEW: EST

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