Von der Persona non grata zum gefeierten Rockstar

INDIEN – USA Wenn Indiens Premier Modi jetzt in die USA reist, gibt es mit Washington viel zu reparieren

■ Der britische Premierminister David Cameron und der iranische Präsident Hassan Ruhani haben bei einem historischen Treffen am Rande der UN-Generaldebatte über die Bedrohung durch den Islamischen Staat (IS) beraten. Der Iran könne „Teil der Lösung“ sein, sagte Cameron im Anschluss an das Gespräch. Teheran könnte dabei helfen, den Irak und Syrien zu stabilisieren. Wenn die iranische Regierung dazu bereit sei, „dann sollten wir ihr Engagement begrüßen“. Das Gespräch war das erste Treffen eines britischen Regierungschefs mit einem iranischen Staatsoberhaupt seit der Islamischen Revolution 1979. (afp)

AUS DELHI MICHAEL RADUNSKI

Wenn Narendra Modi an diesem Freitag nach Amerika aufbricht, erreicht die Reisediplomatie des indischen Premiers ihren Höhepunkt. Seit etwas mehr als 100 Tage ist Modi erst Regierungschef in Delhi, aber auf keinem anderen Gebiet hat er bislang eine solche Tatkraft entwickelt wie in der Außenpolitik.

Allen wichtigen regionalen Partnern hat Modi große Versprechen abgerungen: Chinas Präsident Xi Jinping versprach, in Indien 15,5 Milliarden Euro zu investieren. Aus Japan brachte Modi gar Investitionszusagen von 35 Milliarden Dollar mit. Australiens Premier Tony Abbott sicherte die Lieferung von Uran für Indiens Kernkraftwerke zu. Innerhalb weniger Wochen hat es Modi geschafft, Indien wieder zu einem wichtigen Partner in Asien zu machen.

Vier Tage wird Modi nun in den USA bleiben. Geplant sind Treffen mit Präsident Barack Obama, ein Dinner im Weißen Haus, eine Rede vor der UNO sowie Gespräche mit führenden Wirtschaftsvertretern. Es wird viel um die Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder gehen. Der Handel beträgt knapp 100 Milliarden Dollar, US-Vizepräsident Joe Biden hat das Potenzial unlängst auf 500 Milliarden Dollar taxiert.

Doch die Reise findet unter schwierigen Voraussetzungen statt. „Es herrscht ein hohes Maß an Misstrauen“, sagt Richard Rossow vom Centre for International and Strategic Studies. Letzter gemeinsamer Höhepunkt war der Nukleardeal von 2006, damals noch unter George W. Bush und Manmohan Singh. Seitdem haben die Beziehungen zwischen der ältesten und der größten Demokratie der Welt gelitten.

Da ist zum einen Narendra Modi selbst. Die USA verweigerten ihm seit 2005 die Einreise – wegen seiner Haltung als Regionalpolitiker bei blutigen Unruhen. Menschenrechtler werfen Modi politische Mitverantwortung für Pogrome im Jahr 2002 im von ihm damals regierten Bundesstaat Gujarat vor. Doch Indiens Gerichte konnten ihm nichts nachweisen. Die USA revidierten kurz vor Indiens Parlamentswahl im Mai ihre Haltung.

Zum anderen belastete der Konflikt um die indische Diplomatin Devyani Khobragade die Beziehungen. Die indische Vize-Generalkonsulin war in New York festgenommen worden. Ihr wurde vorgeworfen, falsche Dokumente ihrer indischen Haushälterin vorgelegt zu haben. Khobragade wies alles zurück und erhobt ihrerseits schwere Vorwürfe: Sie habe sich vor den Beamten ausziehen müssen. Zudem habe man ihre Körperöffnungen untersucht.

Modis US-Besuch soll nun einen Neuanfang markieren. Tanvi Madan, Indien-Expertin der Brookings Institution in Washington, meint: „Bei Modis Besuch wird es nicht nur um Substanz gehen, sondern vor allem auch um Optik.“ Auf Modi wartet ein Empfang, wie ihn sonst nur Rockstars erleben. Für seine Rede am Sonntag in New York sind die 20.000 Plätze im Madison Square Garden ausverkauft. Auch auf dem Times Square soll seine Rede übertragen werden.

Indiens Exbotschafter in den USA, Lalit Mansingh, ist sich sicher: Obama und Modi wollen die Beziehungen reparieren und in die Zukunft blicken. Obama hat die Beziehung zwischen Amerika und Indien als eine der entscheidenden Partnerschaften des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Bereits vor vier Jahren.