Löfven will auf Palmes Spuren wandeln

NAHOST Schwedens neue rot-grüne Regierung kündigt die Anerkennung Palästinas als Staat an. Eine Kontroverse löst das nicht aus. Die Außenministerin weist Kritik aus USA und Israel zurück

VON REINHARD WOLFF

STOCKHOLM taz | In Stockholm sind neue Zeiten abgebrochen – auch in der Außenpolitik. Ganz oben in der Regierungserklärung, die Stefan Löfven, der Chef der neuen rot-grünen Koalition, am Freitag abgab, stand die Ankündigung, Palästina als Staat anzuerkennen. Was Palästinenserpräsident Mahmud Abbas als „lange erwarteten Handschlag“ begrüßte, stieß in Israel und den USA auf Kritik. Die ehemalige EU-Kommissarin konterte: „Wir bestimmen unsere Außenpolitik selbst und lassen sie nicht von anderen diktieren.“

Überraschend kommt der Schritt nicht. Sozialdemokraten und Grüne hatten diesen als lange „überfällig“ gefordert; auch in der bisherigen konservativen Regierungspartei hatte es ähnliche Stimmen gegeben. Doch die nun abgewählte Regierung war durch den Widerstand der kleinen liberalen und christdemokratischen Koalitionspartner blockiert.

Die Anerkennung, die Löfven Abbas bei einem Besuch in Ramallah 2012 ausdrücklich versprochen hatte, löste in Schweden keine größere Debatte aus. So beschränkte sich Birgitta Ohlsson, außenpolitische Sprecherin der oppositionellen Volkspartei, darauf, den Schritt zwar zum jetzigen Zeitpunkt als „unklug“ und „reine Symbolhandlung“ zu kritisieren: „Man hätte erst auf eine demokratische Wahl warten sollen.“

Der palästinensische Außenminister Riad al-Maliki verband sein Lob für diesen „mutigen Beschluss“ mit einem Hinweis auf Schwedens historisches Engagement für Menschenrechte vor allem in Palästina. In Schweden weckt der Schritt nun Erwartungen, dass das Land nun wieder eine aktivere Außenpolitik betreiben und und womöglich an die Zeiten eines Olof Palme anknüpfen könnte. Hatten bis 1967 starke Bande zwischen der schwedischen Arbeiterbewegung und Israel bestanden, war es nach dem Sechstagekrieg und der Besetzung Gazas, des Westjordanlandes und der Golanhöhen durch Israel zu einem radikalen Umschwung gekommen. Fortan hatte Stockholm eine führende Rolle gespielt, wenn es galt, die unhaltbare Situation der Palästinenser und die völkerrechtswidrigen Handlungen Israels zu kritisieren. Die Beziehungen zu Tel Aviv waren abgekühlt, bis unter Göran Persson Ende der 1990er Jahre wieder ein israelfreundlicher Kurs eingeschlagen wurde.

Der Direktor des Stockholmer „Außenpolitischen Institut“, Mats Karlsson, lobt die Anerkennung Palästinas als unumgänglich für den Dialog, um den Konflikt zu lösen: „Ohne Anerkennung geht dieser Prozess nicht weiter. Wie die künftige Regierung in Palästina aussehen wird, ist eine ganze andere Frage. Ebenso die Einzelheiten einer Zweistaatenlösung.“

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