TEAM TELEKOM: DIE DOPING-ÄRZTE DER DDR HABEN IHRE LEGITIMEN ERBEN
: Diener eines Systems

In der DDR gab es mehrere staatliche Stellen, die sich um flächendeckendes Doping kümmerten, darunter war der Sportmedizinische Dienst (SMD). Dort wurden unter der Aufsicht von Dr. Manfred Höppner Pläne erstellt, wie man Sportler am besten dopt. Es war nicht wichtig, ob sie erwachsen waren oder ob ihre Gesundheit schweren Schaden nimmt. Die korrupten Ärzte des DDR-Dopingsystems scherten sich einen Dreck um den Eid des Hippokrates. Sie heilten nicht, sie dienten nur.

Die Mediziner aus der Ära des anabolen Massendopings haben Erben: Im Team Telekom waren das Lothar Heinrich und Andreas Schmid. Der sportmedizinische Dienst des Rennstalls versorgte ihre Klientel ganz offiziell über die Uni-Klinik Freiburg. Das Dealen mit Epo wurde nicht in einer finsteren Giftküche organisiert, sondern in einer renommierten Forschungsstätte, die von der öffentlichen Hand finanziert wird. Die Ärzte erschienen als saubere Weißkittel, dabei betrieben sie im Radsport ein schmutziges Geschäft: Doping. Dr. Höppner hätte es nicht besser machen können.

Mediziner müssen besonderen moralischen und ethischen Ansprüchen genügen. Von ihnen wird erwartet, dass sie Gutes tun. Das mag auch anfangs die Intention von Heinrich und Schmid gewesen sein, aber das System hat sie korrumpiert. Es ist nicht entscheidend, ob die Telekom in den Neunzigerjahren Druck ausgeübt hat auf Team-Manager, Fahrer und Ärzte, wichtiger ist das hochwirksame Gift der Selbstrechtfertigung, das im Radsport in nicht geringer Dosis verabreicht wird. Zwei eherne Gesetze sind es, die Betrug im Radsport legalisieren. Erstens: Alle Fahrer dopen, wir müssen es also auch tun, um mitzuhalten – am besten unter ärztlicher Anleitung. Zweitens: Nur wer positiv getestet wird, hat auch wirklich gedopt.

Was der immense Gruppendruck nicht geschafft hat, das gelingt spätestens mit der Kunst der Verdrängung und Heuchelei. So gesehen war die Beichte des ehemaligen Telekom-Radlers Bert Dietz im ARD-Talk „Beckmann“ nicht nur couragiert, sie war eine Wohltat – und eine echte Rarität obendrein. MARKUS VÖLKER