So könnte Bremen grün werden

Nicht nur im Bereich von Bildungs- und Sozialpolitik, auch bei der Umweltpolitik kann Rot-Grün Zeichen setzen, sagt der Bund Naturschutz. Martin Rode erklärt, mit welchen Schwerpunkten

„Ein Kohlekraftwerk konterkariert alle Wege moderner Energiegewinnung“

Von Klaus Wolschner

„Eine neue rot-grüne Landesregierung kann richtig Zeichen setzen bei dem Thema Klimaschutz – wenn sie will“, sagt Martin Rode, Bremer Geschäftsführer des Bundes Naturschutz Deutschland (BUND). Und das bei den großen Streitpunkten wie Kohlekraftwerksbau und Weservertiefung, aber auch bei Regelungen, die die Lebensqualität in der Stadt betreffen. Zum Beispiel beim Schutz der großen alten Bäume in der Stadt. Durch die Novellierung des Baumschutzgesetzes sei ein „Mentalitätswechsel“ passiert, sagt Rode, als gebe es keinen Baumschutz mehr. Der sei aber wichtig – für das Binnenklima und das Stadtbild.

Oder die Luft in der Innenstadt. Da könne man „aktiven Lärmschutz“ betreiben, eine „Umweltzone“ einrichten, in der nur schadstoffarme PKW fahren dürfen. Der Durchgangsverkehr müsse aus der Innenstadt verbannt werden – anstatt ihn durch breite Schleusen, wie eine ausgeweitete Schwachhauser Heerstraße, geradezu „anzulocken“.

Oder es gibt das Thema der Baugenehmigungen, die in Bremen immer noch nicht den aktuellen Stand der Energie-Effizienz verbindlich vorschreiben. Bremen könne durch ein Bündel von Maßnahmen beim Thema erneuerbare Energie zu einem „Kompetenzzentrum für Norddeutschland“ werden, wie es das bereits für das Thema Windenergie geworden ist, sagt Rode.

Das würde aber geradezu verhindert durch den Bau eines riesigen Kohlekraftwerkes. Der Strom, der dort produziert wird, wird zur Versorgung Bremens nicht benötigt, sondern soll auf dem Markt außerhalb Bremens verkauft werden. Da ein Kohlekraftwerk auf 30 Jahre kalkuliert wird, würden damit auf absehbare Zeit alle Wege moderner Energiegewinnung konterkariert. Für den BUND ist die Alternative nicht ein ähnlich großes Gaskraftwerk – das wäre nur das kleinere Übel in Bezug auf CO2-Ausstoß und Langfristigkeit der Festlegung. Die Effizienz eines Großkraftwerkes ist gering. Und es würde insgesamt mehr Abwärme erzeugen, als ganz Bremen für Heizzwecke im Winter brauchen könnte – die gesamte Abwärme würde bei einem Gaskraftwerk genauso in die Weser geleitet werden müssen.

Die rot-grüne Alternative wäre, auf dezentrale Strukturen zu setzen, Blockheizkraftwerke, deren Wärme sich im Umkreis nützlich verwenden lassen würde. Kleinere Strukturen, die vor allem auch zulassen, dass in den nächsten 30 Jahren laufend nach dem neuesten Stand der Technik nachgerüstet werden kann. Bremen eben als vorzeigbares „Kompetenzzentrum“. Diese Strategie wäre ohne Problem mit der SWBs realisierbar – wenn die große Koalition nicht die kommunalen SWB-Anteile verkauft hätte. Nun haben die Aktionäre eine klare Gewinnerwartung, die umgesetzt werden soll – auf Kosten einer modernen Energiepolitik in Bremen, sagt Rode. Die Kommune muss von außen energiepolitisch Einfluss nehmen.

Auch beim Thema Weservertiefung sind für den Naturschutzbund nicht alle Züge abgefahren. Der Planfeststellungsbeschluss des Wasser- und Schifffahrtsamtes steht bevor, aber es gibt mehr Einwendungen als bei früheren Weser-Vertiefungen. Und das hat seinen guten Grund: Selbst die Landwirtschaftskammern an der Außenweser haben Widerspruch eingelegt, weil dort die Wiesen zu versalzen drohen, wenn mehr Seewasser in die Fahrrinne eindringt als bisher („Salzfahne“). Die Maßnahme sei zudem auch „ökonomisch unlogisch“, die Hafenwirtschaft fordert die Maßnahme nur, weil sie sie nicht selbst bezahlen muss: Der Jade-Weser-Port wird gebaut, der von Bremen mitfinanziert und als „CT V“ bezeichnet wird. Die Terminals beim CT IV sind nach den Prognosen der Eurogate auch ohne die allergrößten Pötte bald ausgelastet.

Auch in der Flächenpolitik, sagt Rode, könne es eine rot-grüne Wende geben: Angesichts der erwarteten Bevölkerungsentwicklung mache es keinen Sinn mehr, „auf der grünen Wiese“ zu bauen. Das Schlüsselprojekt ist die Überseestadt – darauf hatte der grüne Umweltsenator Ralf Fücks schon 1992 gesetzt. Erst hat der damalige Häfensenator Uwe Beckmeyer das blockiert, dann hat die große Koalition das Thema zehn Jahre lang verschleppt. Der Speicher XI, heute Industriedenkmal und mit der Hochschule für Künste ein Innovationskern in dem Gebiet, sollte einmal abgerissen werden, daneben wurde der Klotz des Großmarktes gestellt. Inzwischen erweist die Überseestadt sich als attraktiver für die Stadtentwicklung als der Technologiepark. Von dem „Büropark Oberneuland“ auf der grünen Wiese, der vor Jahren angeblich notwendig gewesen war, redet niemand mehr. Der „rasende Verbrauch von Grünflächen“ in den Ballungsräumen sei ein richtiges ökologisches Problem, sagt Rode, der müsse gestoppt werden.