Ein Gericht in Kairo verurteilt zwei Tote zum Tode

ÄGYPTEN 188 Personen erhalten die Höchststrafe für einen brutalen Überfall auf eine Polizeistation

„Derjenige, der dieses Urteil gefällt hat, ist ein Totengräber“

AHMED MEKKI, EXJUSTIZMINISTER

AUS KAIRO KARIM EL-GAWHARY

Ein ägyptischer Richter hat erneut in einem Massenprozess in Giza 188 Menschen zum Tode verurteilt. Die Fälle werden nun an den Mufti weitergeleitet, der die Urteile überprüfen soll. Für den 24. Januar wird dann ein endgültiges Urteil erwartet.

Die Verurteilten waren angeklagt, an einem Angriff auf eine Polizeistation in dem Ort Kerdassa westlich von Kairo beteiligt gewesen zu sein, bei dem im August 2013 elf Polizisten ums Leben kamen. Der Sturm auf die Wache fand am gleichen Tag statt, an dem Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Kairo zwei von den Muslimbrüdern organisierte Protestlager gewaltsam auflösten. Nach offiziellen Angaben kamen dabei über 600 Menschen ums Leben, inoffizielle Schätzungen sprechen von über 1.000.

Im Anschluss kam es zu zahlreichen Übergriffen auf Polizeistationen. Der Sturm auf die Wache in Kerdassa war der brutalste. Die Verurteilten, mutmaßliche Mitglieder der Muslimbruderschaft, waren angeklagt, mit Gewehren, Panzerfäusten und Molotowcocktails die Wache gestürmt zu haben, dort Waffen gestohlen und die verstümmelten Körper der Polizisten auf der Straße zur Schau gestellt zu haben. Von Letzterem finden sich brutale Szenen als Handyvideos vielfach im Internet.

Von den jetzt 188 Verurteilten standen nur 135 vor Gericht, die anderen wurden in Abwesenheit verurteilt. Einer der Verteidiger, Bahaa Abdel-Rahman, erklärte gegenüber der Presse, dass nur 46 der Verurteilten angehört wurden. Zwei von ihnen seien im Laufe des Prozesses gestorben und stünden trotzdem auf der Liste der Verurteilten. Einer, so Abdel-Rahman, sei minderjährig und könne nach ägyptischem Recht nicht zum Tode verurteilt werden.

Auch Ahmed Mekki, ehemaliger ägyptischer Justizminister, kritisierte, dass das Urteil nichts mit Gerechtigkeit zu tun habe. „Derjenige, der dieses Urteil gefällt hat, ist ein Totengräber“, erklärte er.

Die ägyptische Justiz steht bereits wegen anderer Massentodesurteile in der Provinz Minya im Sommer dieses Jahres in der Kritik. Ein Richter hatte im März in zwei Schnellverfahren, von denen eines nicht länger als eine Stunde dauerte, mehr als 1.200 Menschen zum Tode verurteilt. Nach der Überprüfung durch den Mufti wurden 200 der Todesurteile aufrechterhalten. Keines dieser Urteile wurde bisher vollstreckt. Die anderen wurden in lebenslängliche Haft umgewandelt.