Microsoft plant Einstieg in soziale Netzwerke

Der Softwarekonzern will die Plattform Facebook teilweise übernehmen – und einen Werbedeal von Google stoppen

BERLIN taz ■ Der Softwareriese Microsoft will offenbar beim sozialen Netzwerk Facebook einsteigen – und so im Onlinemarkt gegenüber dem großen Konkurrenten, dem Suchmaschinenbetreiber Google, wieder aufholen. Facebook ist vor allem deshalb so interessant für Microsoft, weil es nach wie vor rasant wächst und eine Art „Internet im Internet“ bildet – mit vielen Millionen Besuchern täglich. Experten sehen in dem Dienst gar eine Art zweites Google.

Bestätigt ist der Deal bislang noch nicht – weder Facebook noch Microsoft äußern sich öffentlich.Wie das Wall Street Journal berichtete, diskutiert Microsoft jedoch intensiv über einen Einstieg bei Facebook – zunächst in Form einer Minderheitsbeteiligung von fünf Prozent. Das werde sich der Softwareriese zwischen 300 und 500 Millionen Dollar kosten lassen. Die Bewertung von rund 10 Milliarden Dollar, die Facebook dadurch erzielen könnte, wäre für eine Firma mit einem Umsatz von gerade einmal 100 Millionen Dollar im Jahr 2006 enorm hoch.

Mit dem Deal könnten die Microsoft-Strategen die Machtverhältnisse im Netz wieder stärker zu ihren Gunsten verschieben. Dem Hauptkonkurrenten Google ist es bislang nämlich noch nicht geglückt, selbst im Bereich der populären sozialen Netzwerke zu landen. Die Netzwerke gelten bei Werbetreibenden als interessant, weil sie zielgruppengenaue Profile quasi umsonst mitliefern – die Nutzer geben ihre persönlichen Daten freiwillig an, um mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen.

Teil zwei der Microsoft-Offensive richtet sich gegen Googles Übernahme des Onlinewerbedienstleisters DoubleClick. DoubleClick betreibt sogenannte Adserver, über die Reklame im Internet ausgeliefert wird – zusammen mit Google würde das Unternehmen beispielsweise in Großbritannien 80 Prozent der Webwerbung durchleiten.

Microsoft will das Zusammengehen daher um jeden Preis verhindern. Taktisch erfolgt dies über Druck auf die Europäische Kommission, die den Google-DoubleClick-Deal genehmigen muss. Nach Informationen des Wall Street Journal hat der Konzern die erfahrene PR-Agentur Burson-Marsteller beauftragt, hinter den Kulissen zu agieren. Offensichtlich mit Erfolg: Die Londoner Times meldete am Dienstag, dass die EU-Kommission dazu tendiere, den Deal auf Herz und Nieren zu prüfen. Das könnte die Übernahme um mindestens vier Monate verzögern oder gar ganz unmöglich machen. BEN SCHWAN