Das haben sie verdient

CHAMPIONS LEAGUE Mit dem Aus von Borussia Dortmund im Achtelfinale gegen Juventus Turin endet für die Schwarz-Gelben eine Ära von erfolgreichen Auftritten in Europas Eliteklasse

DORTMUND taz | Jürgen Klopp wirkte ruhig und gefasst. Dortmunds Trainer ist schon öfters aus der Rolle gefallen, er hat getobt, gehadert und gezetert, aber was sollte er tun an einem Abend, an dem die Dinge so offensichtlich waren? An der Gerechtigkeit der Welt zweifeln? Alles müßig nach einem solchen Auftritt. 0:3 hatten sie verloren im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Juventus Turin. Allein das Zahlenwerk sprach eine so deutliche Sprache, dass es keine Argumente gab, um das Geschehen schönzureden. Das versuchte Klopp auch gar nicht. Stattdessen ging er mit seiner Mannschaft schonungslos ins Gericht: „Es ist die älteste aller Fußballregeln: Wer nicht schießt, kann nicht treffen.“ Und weiter: „Wer so spielt, hat keine Berechtigung, in der Champions League mitzuspielen.“

Das beurteilte Mats Hummels genauso: Der Spielführer sprach von einer „ganz schwachen Leistung von uns, wir sind völlig verdient rausgeflogen“. Dortmunds abgestürzte Himmelsstürmer müssen sich wohl oder übel damit abfinden, dass der europäische Millionenwettbewerb erst einmal ohne sie stattfindet. Es war eine traurige Abschiedsvorstellung und das Ende einer Ära. Ein Umstand, über den Marco Reus eine Stunde nach dem Untergang gegen Juve „noch gar nicht richtig nachgedacht“ hatte. Den Nationalspieler und seine Kollegen trieben andere Dinge um: „Wir sind alle ein bisschen geschockt über die Art und Weise, wie wir ausgeschieden sind.“ Mats Hummels war da in der Bewältigung der Geschehnisse schon einen Schritt weiter: „Alle, die in den letzten Jahren dabei waren, haben spektakuläre Abende erlebt“, sagte der Nationalspieler: „Schade, dass das jetzt für mindestens anderthalb Jahre vorbei ist.“

Wie man auf europäischem Spitzenniveau agiert, zeigte an diesem Abend nur Juventus Turin. Eine Klassemannschaft, die ganz viel von dem bot, was Borussia Dortmund im Jahr 2013 bis ins Finale katapultiert hatte. Kaum zu glauben, aber wahr: Es ist gerade mal 22 Monate her, dass Borussia Dortmund Europa in Siebenmeilenstiefeln eroberte, und doch fühlt es sich an, als sei der BVB im beginnenden Frühjahr Lichtjahre von dem entfernt, was ihn in der Königsklasse zu einer Kraft machte, die bei der Konkurrenz für Begeisterung und Hochachtung sorgte. Aus und vorbei. Trainer Jürgen Klopp sprach in seiner Analyse von einem „herben Rückschlag“. Wie recht Klopp mit dieser Einschätzung hat, wird deutlich, wenn man die Ergebnisse (1:2 und 0:3) näher beleuchtet: Nimmt man die 180 Minuten aus den beiden Partien gegen Juve zusammen, gelang es den Dortmundern nicht, sich auch nur eine hochkarätige Gelegenheit selbst zu erarbeiten. Der Treffer durch Reus im Hinspiel entsprang dem glücklichen Umstand, dass sein Gegenspieler Giorgio Chiellini ausrutschte.

Der Rest war eine spielerische Armut, die bei einer mit zig Millionen gepimpten Offensivabteilung nur verwundern kann. Hamburg, Köln, Turin – drei Mal hintereinander ist es der Borussia nun schon nicht gelungen, ein Tor zu erzielen. Frappierender als gegen den italienischen Rekordmeister konnte der Offenbarungseid nicht ausfallen.

War früher der allzu verschwenderische Umgang mit besten Möglichkeiten als Dortmunder Manko ausgemacht worden, ist es nun schlimmer: Es gibt gar keine Chancen mehr. Klopp hat das erkannt, es wirkte, als sehne er sich förmlich zurück nach dem Luxusproblem vergangener Tage: „Uns ist die Konsequenz abhandengekommen.“

Das fehlende Vermögen, die Angriffsbemühungen auf den Punkt zu bringen, ist auch Mittelfeldspieler Kevin Kampl nicht verborgen geblieben. „Bis 20 Meter vor dem Tor spielen wir es ganz ordentlich, aber dann suchen wir keinen Abschluss, der letzte Ball wird nicht kontrolliert genug gespielt.“ Oder, wie es Manndecker Neven Subotic formulierte: „Wir haben es runtergespielt, ohne durchzubrechen.“ Borussia Dortmund, eine Mannschaft, die an ihren inspirierten Abenden mit so viel Wucht zu agieren wusste, hat ihren Punch verloren. FELIX MEININGHAUS