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: Auf dem Boden der Tatsachen

In der britischen Kleinstadt Ferndown wurde jüngst die städtische Besinnlichkeitsinduktion via elektrischer Weihnachtsbeleuchtung vom Stadtrat verboten, um das Bevölkerungs-gefährdende potenzielle Umwehen der je vier Kilo Weihnachtsschmuck tragenden Lampenmasten auszuschließen. Hierzulande ist das anders. Hier gelten für das vorweihnachtliche Lichter-Wettrüsten trotz Klimaoffensive noch keine Beschränkungen. So viel Strom wie ein 5.000-Seelen-Kaff in einem Jahr verbraucht, wird jedes Jahr allein durch die Weihnachtsdekoration Berliner Privathaushalte gejagt.

Das alles mag die drei älteren Damen aus der Nachbarschaft nicht interessieren, die sich neulich unter meinem Küchenfenster lautstark unterhalten haben. „So geht es nicht, ich finde das grundsätzlich falsch“, ereiferte sich jene, deren Stimme mir schon von lautstark geführten Telefonaten auf dem Balkon so vertraut war. „Das finde ich aber auch“, pflichtete die Zweite bei. Dann blickten alle drei erbost die Fensterfront im dritten Stock an.

Herausgefunden, worum es ging, habe ich wenig später auf dem Weg zum Einkaufen. Die Damen hatten den Blick immer noch auf die Nachbars-Fenster gerichtet. „Man kann doch nicht den Weihnachtsbaum in die Mitte des Fensters hängen, wie sieht das denn aus? Bei mir steht der immer unten, schließlich wächst der doch aus der Erde.“ Beipflichtendes Nicken. Bei aller Besinnlichkeit muss man schließlich auf dem Boden der Tatsachen bleiben. ROBERT MATTHIES