Der Hillary-Effekt

■ Während Schwarzenegger als "Last Action Hero" wirklich das letzte sein soll, sind Frauen als Action-Helden im Kommen

Keine deutsche Zeitung berichtet so ausführlich und aktuell aus Hollywood wie der Corriere della Sera, der sich mit Alessandra Farkas sogar den Luxus einer festen Korrespondentin in der Hauptstadt des Kinos leistet. Ihren Artikeln aus den letzten Tagen entnehmen wir zwei Nachrichten: die von Arnold Schwarzeneggers Absturz als „Last Action Hero“ und die vom Aufstieg der Frauen als den neuen Action-Helden Hollywoods.

„The Last Action Hero“, der letzten Freitag in 3.300 amerikanischen Kinos startete, erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen, der durch Zauberei in den Film seines liebsten Actionstars „hineinschlüpft“ und mit ihm Abenteuer erlebt. Die amerikanische Kritik war entsetzt: „Das ist der teuerste Witz in der Geschichte Hollywoods“, kommentiert Time, „eine lautstarke Monstrosität“, fügt der Hollywood-Reporter hinzu, „eine freud- und seelenlose Maschine, meint Daily Variety. „Schwarzy könnte den teuersten und peinlichsten Flop seiner Karriere erleben“, resümiert der Corriere und bezweifelt, daß Schwarzeneggers Film gegen den furiosen Erfolg von Steven Spielbergs „Jurassic Park“ mithalten kann. Das würde allerdings auch anderen Filmen schwerfallen: „Jurassic Park“ stellte in Amerika mit dem höchsten Einspielergebnis für ein Wochenende einen neuen Rekord auf. In den vier Tagen nach dem Start, der jetzt zwei Wochen zurückliegt, spielte er eine Rekordsumme von mehr als fünfzig Millionen Dollar ein.

Kein Wunder, daß die Columbia, die Schwarzeneggers „Last Action Hero“ produzierte, nervös wird. Schon die Dreharbeiten des Films waren unglücklich. Zahlreiche Szenen mußten neu geschrieben und mehrere Male nachgedreht werden. Die Testvorführung vor einem ausgewählten Publikum in Los Angeles war ein Fiasko und machte weitere Nachbesserungen nötig. Hinzu kamen die Launen von Mark Canton, dem Präsidenten der Columbia, der darauf drängte, daß der Film an seinem 44. Geburtstag, dem 19. Juni, fertig sein müsse. Die Kosten für „The Last Action Hero“ sollen wegen der extrem aufwendigen Actionszenen während der Dreharbeiten von ursprünglich 47 auf 80 oder gar 120 Millionen Dollar angestiegen sein.

Die Columbia reagiert laut Farkas genervt auf die negative Berichterstattung. Nachdem ein Reporter der Los Angeles Times Schwarzeneggers Verhalten gegenüber Journalisten scharf kritisierte, stellte der Hollywood-Major ein Ultimatum an die Zeitung: Entweder der Journalist wird gefeuert, oder die Zeitung wird künftig von Pressevorführungen und Interviews ausgeschlossen und verliert Anzeigen im Wert von fünf Millionen Dollar jährlich.

Unterdessen stählen immer mehr weibliche Hollywoodstars ihre Muskeln, um es den Schwarzeneggers und Stallones gleichzutun. Die erste ist Meryl Streep. Sie spielt in „The Wild River“, der zur Zeit am Rogue-Fluß in Oregon gedreht wird, eine „Supermama“ (Farkas), die ihren Sohn (Joey Mazzello, Hauptdarsteller aus „Jurassic Park“ und Coverboy des Time Magazine) und ihren Mann (David Stathairn) mit Dolchen und Schießeisen gegen ein paar Psychopathen verteidigt. Auf ihre Rolle, die „mehr Kraft als Hirn erfordert“ (Farkas) hat sich Streep mit Aerobic, Bodybuilding und Intensivkursen in Wildwasserfahren vorbereitet.

Auch Jodie Foster spielt in ihrem nächsten Film, „Trackdown“, eine Action-Heldin. Sie muß ihren Sohn gegen Terroristen verteidigen, die es auf den neuen Tunnel unter dem Ärmelkanal abgesehen haben. Geena Davis spielt in dem neuen Film von Paul Verhoeven, einer 65-Millionen-Dollar-Produktion, die berüchtigte Piratin Anne Bonny, die im 18. Jahrhundert zahlreiche Seehelden exterminierte. Sharon Stone wird in „The Quick and the Dead“ eine Revolverheldin des Wilden Westens darstellen.

Überhaupt wird es eine ganze Reihe von Western mit Frauen in den Hauptrollen geben: Drew Barrymore, Mary Stuart Masterson und Madeleine Stowe sind „Bad Girls“, die gegen eine Bankräuberbande einschreiten, Suzy Amis verkleidet sich in „The Ballad of Little Jo“ als Mann, um im Westen zu überleben.

Hollywood reagiert mit diesen Filmen auf neue Ergebnisse der Marktforschung. Frauen zwischen zwanzig und vierzig stellen einen immer größeren Teil des Publikums und wollen „starke Frauen“ ihres Alters im Kino sehen. Bei Paaren, die gemeinsam ins Kino gehen, entscheidet meist die Frau über die Wahl des Films. „Thelma und Louise“ hat gezeigt, daß mit diesem Konzept Geld zu machen ist. Die Hollywood-Produzentin Denise Di Novi erkennt in dieser Tendenz auch einen wiedererstarkenden Feminismus. Sie spricht vom „Hillary-Effekt“. Thierry Chervel