Kaleidoskop eines Molochs

■ Brasilianische Kurzfilme aus der Zeit „nach dem Wunder“

Brasilien, Ende der 50er Jahre: Nach der Zeit des reinen Kaffeexports beginnt ein beispielloser industrieller Aufschwung. Erdöl-, Stahl- und Autoindustrien schießen wie Pilze aus dem Boden und versprechen den Bewohnern eine goldene Zukunft. Knapp 40 Jahre später: Der Zwölf-Millionen-Moloch São Paulo reißt die Menschen an seinen Rändern gnadenlos in einen Strudel von Armut, Gewalt, Drogen und Korruption.

Die 18 brasilianischen Kurzfilme, die heute abend in drei Themenblöcken im Metropolis zu sehen sind, zeichnen ein beklemmendes Portrait der Generationen nach dem „brasilianischen Wunder“. Ein Leben zwischen Industrieanlagen und Arbeitervororten, wo Waffen zu Spielzeug werden und Fremde zu Feinden. Die Filme, gezeigt in der portugiesischen Originalfassung mit englischen oder deutschen Untertiteln, ergeben ein Kaleidoskop von der Beschreibung einer bankrotten Gesellschaft bis hin zu individuellen Hoffnungen und Verflechtungen aus Liebe, kaputten Familien und gestörter Kommunikation. Jedes Mißverständnis kann tödlich enden, doch irgendwo bleibt Raum für Träume. So endet Jorge Furtados Kurzfilm-Klassiker Ilha das Flores mit dem schönen Zitat: „Freiheit ist ein Wort, das die menschlichen Träume ernährt. Niemand kann es erklären, jeder versteht es.“

Carsten Hansen

heute, 19 Uhr: „Historias do Brasil“; 21.15 Uhr: „Felicidade é...“; 23 Uhr: „São Paulo Underground“, Metropolis Kino