Kampagne gegen sexuelle Gewalt

■ Auf einem Kongreß in Köln fordert die Feministin Christina Thürmer–Rohr auch die Aufkündigung der „Komplizenschaft“ der Frauen an der zerstörenden Männer–Herrschaft / Manifest angekündigt

Aus Köln Gitti Hentschel

Frauen haben als Mittäterinnen Anteil an der gewaltsamen und zerstörerischen Herrschaft der Männer in dieser Gesellschaft. Nur mit einer rigorosen Aufkündigung dieser „Komplizenschaft“, der Beendigung der Mystifizierung und übertriebenen Wertschätzung der Männer sowie der eigenen Geringschätzung könnten Frauen sich den Weg eröffnen, diesen Gewaltzusammenhang zu brechen. Mit dieser These provozierte die Berliner Universitätsprofessorin und feministische Theoretikerin Christina Thürmer–Rohr am Samstag nachmittag auf dem Kongreß zur sexuellen Gewalt gegen Frauen in Köln vehemente Auseinandersetzungen. Allerdings ließ Thürmer–Rohr keinen Zweifel daran, daß Frauen an der gegen sie von Männern ausgeübten sexuellen Gewalt nicht als Mittäterinnen beteiligt sind, daß hier jede Form weiblichen Verhaltens immer dazu dient, zu überleben und „jeder Zustimmungsschein Notwehr und nicht Mittäterschaft“ ist. Zu dem Kongreß, Auftakt einer Kampagne gegen sexuelle Gewalt gegen Frauen und vom Komitee für Grundrechte und Demokratie organisiert, waren rund 800 Frauen und einige Männer, nach Köln gekommen. Nicht nur das Ausmaß der sexuellen Gewalt, die das Leben von Frauen und Mädchen wesentlich bestimmt, sondern auch ihre Normalität machten die Referentinnen - Frauen aus autonomen Selbsthilfe–Projekten, feministische Psychologinnen, Anwältinnen, Soziologinnen sowie andere Expertinnen und einige Experten - bei der Bestandsaufnahme am ersten Tag der als Tribunal aufgezogenen Veranstaltung einmal mehr deutlich. Ob es sich um sexuellen Mißbrauch, Prügel, Folter, Vergewaltigung oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz handele: Zum überwiegenden Teil sind Väter, Verwandte, Freunde oder andere Männer aus dem nahen Lebensbereich der Frauen die Täter, die nur in den wenigsten Fällen zur Verantwortung gezogen werden. Ziel des Kongresses ist, am Ende der Veranstaltung mit einem „Manifest gegen sexuelle Gewalt“ an die Öffentlichkeit zu treten. Dieses Manifest sollen von je einer Frauen– und Männerjury, bestehend aus prominenten Vertreter/innen unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche erarbeitet werden, die die Erkenntnisse kommentieren und Folgerungen entwickeln sollen.